Neuer Baubürgermeister Kütter: Das will er jetzt in Chemnitz anpacken
Chemnitz - Er ist seit wenigen Tagen der "Neue" im Technischen Rathaus: Thomas Kütter (49) ist jetzt auch offiziell Chemnitz' neuer Baubürgermeister und Nachfolger von Michael Stötzer (52, Grüne). Mit TAG24 sprach der Familienvater über Pläne, Erwartungen und Familie.
Alles in Kürze
- Thomas Kütter ist neuer Baubürgermeister in Chemnitz.
- Kütter setzt Schwerpunkte auf Mobilitätsplan 2040 und Citybahn.
- Er will keine schnellen Erfolge, sondern langfristige Lösungen.
- Kütter priorisiert Erhalt und Sanierung vor Neubauten.
- Haushaltslage ist angespannt, Enttäuschungen sind zu erwarten.

"Die ersten Tage waren sehr aufregend", erzählt Kütter. "Vorher hatte ich alles von der Seitenlinie beobachtet, jetzt bin ich dabei, alle Details kennenzulernen." Von allen Amtsleitern ließ er sich eine Wunschliste geben: Wo drückt der Schuh? Bis jetzt habe er schon viele Wünsche gehört, sagt er.
Thomas Kütter (vorher Chef des Chemnitzer Hochbauamtes) stammt aus Karl-Marx-Stadt, wuchs in Hilbersdorf auf und kennt die Stadt wie seine Westentasche. Seine Entscheidung, Baubürgermeister zu werden, fiel nicht über Nacht. "Die Arbeit im Hochbauamt war für mich erfüllend, aber ich habe gemerkt, dass viele Probleme nur im größeren Zusammenhang lösbar sind."
Ganz allein traf er diese Entscheidung nicht. Mit Ehefrau und Kindern – ein Sohn (8), eine Tochter (17) – sprach er ausführlich. "Uns war klar, dass dieses Amt sehr viel Zeit beansprucht und auch die Familie davon betroffen ist."
Am Ende gab es aber klare Rückendeckung: "Wenn ich den Wunsch habe, diesen Weg zu gehen, dann steht meine Familie zu hundert Prozent hinter mir."
Kütter setzt klare Schwerpunkte im Rathaus



Kütter ist gelernter Zimmerer, später studierte er Bauingenieurwesen in Dresden. "Mich fasziniert am Bau die Möglichkeit, etwas Bleibendes zu schaffen. Schon als Zimmerer habe ich gelernt, wie wertvoll die Substanz alter Gebäude ist."
Sein eigenes Zuhause spiegelt das wider: Er wohnt in einem 130 Jahre alten Haus. Als er es zum ersten Mal sieht, stehen nur die Außenmauern und Deckenbalken. Heute ist es bewohnbar – auch dank seiner eigenen Arbeit.
Im Rathaus setzt Kütter auf klare Schwerpunkte. Ganz oben steht der Mobilitätsplan 2040, der seit Jahren im Stadtrat auf Eis liegt. "Ohne diesen Plan können wir viele Projekte gar nicht sinnvoll weiterentwickeln."
Auch Schauspielhaus und Citybahn nach Limbach-Oberfrohna beschäftigen ihn. "Der nächste konkrete Abschnitt im Chemnitzer Modell wäre die Anbindung vom Falkeplatz Richtung Ermafa-Passage. Einen klaren Zeitplan gibt es aber noch nicht, weil wir auf Finanzierungszusagen von Bund und Land angewiesen sind."
Nicht auf den Putz hauen

Von Raik Bartnik
Die politischen Zeiten in Chemnitz sind heikel. Der neue Baubürgermeister Thomas Kütter übernimmt an einem Punkt, an dem andere schon längst die Flucht ergriffen hätten. Der Stadtrat steckt in der Sackgasse, wichtige Beschlüsse liegen auf Eis, die Stadtpolitik wirkt blockiert. Kein guter Nährboden für große Visionen - aber vielleicht genau das richtige Umfeld für einen Mann wie Kütter.
Denn Kütter ist keiner, der auf den Putz haut oder mit Schlagworten Stimmung macht. Er ist Zimmerer, Bauingenieur, Praktiker. Einer, der gelernt hat, dass man auf einem wackeligen Fundament nichts Dauerhaftes errichten kann. Das ist in der Politik nicht anders als auf dem Bau.
Die Stadt braucht gerade jetzt jemanden, der nicht den schnellen Applaus sucht, sondern sich durch Aktenberge und dicke Bretter bohrt. Und genau das scheint Kütter mitgebracht zu haben: Geduld, Bodenhaftung, einen nüchternen Blick auf die Realität.
Chemnitz steht vor großen Aufgaben: Schauspielhaus, Citybahn, Mobilitätsplan 2040. Kütter weiß, dass er dafür Mehrheiten braucht - und die muss er sich erarbeiten. Er wird Überzeugungsarbeit leisten müssen, geduldig, Stein auf Stein.
Und: Die Haushaltslage ist angespannt. Wünsche gibt es viele, Geld aber wenig. Es wird nicht ohne Enttäuschungen gehen. Aber Kütter hat von Anfang an klar gesagt: Erhalt und Sanierung haben Vorrang vor teuren Neubauten. Das ist nicht glamourös, aber sinnvoll.
Titelfoto: Kristin Schmidt