Wird Schulsozialarbeit in Chemnitz zum "Schonbereich"?
Chemnitz - Kurz vor der Stadtratssitzung am Mittwoch kocht die Stimmung zur Chemnitzer Jugendhilfe noch einmal hoch.
Monatelang stand im Raum, dass bei den freien Trägern rund 1,6 Millionen Euro fehlen. Inzwischen hat das Rathaus auf den öffentlichen Druck reagiert und will nur noch vier Projekte nicht weiter fördern.
Doch die pauschale Haushaltssperre von fünf Prozent auf alle Bereiche der Stadtverwaltung bleibt.
Der Stadtschülerrat stellt sich offen hinter den am Mittwoch von Linken und Grünen per Ratsantrag geforderten "Schonbereich". "Die Schulsozialarbeit als Teil der Jugendhilfe steht aktuell an vielen Schulen mit jeder Haushaltssperre auf der Kippe - das muss sich ändern", fordert Vorsitzende Bára Stahlová.
Ihr Vize Til Ahnert (17) warnt, Sparmaßnahmen dürften nicht gerade die Strukturen treffen, "die einen wesentlichen Beitrag zur Verhinderung von Suiziden leisten und Jugendliche auffangen, die keine Perspektive mehr für sich sehen".
Hunderte Menschen demonstrierten vor dem Rathaus, Träger und Fachleute schrieben Brandbriefe
Auch für BSW-Stadtrat Ralf Becker (67) bleibt es ein "Jugendhilfe-Abbau schweren Herzens". Er kritisiert, dass viele Angebote gravierende Einschnitte hinnehmen müssten und die pauschale Haushaltssperre von fünf Prozent eben noch obendrauf komme.
Der öffentliche Druck war enorm: Hunderte Menschen demonstrierten vor dem Rathaus, Träger und Fachleute schrieben Brandbriefe. Treibender Keil: die Initiative "Allianz für Substanz".
Auch dort sieht man trotz des Einlenkens der Stadtverwaltung keinen Grund, Entwarnung zu geben. In ihrer Stellungnahme heißt es: "Öffentlicher Druck wirkt - aber Probleme bleiben ungelöst."
Die neue Verteilrunde sei im Kern eine reine Rechenübung: so lange schieben und sortieren, bis möglichst viel in ein zu kleines Budget passt. Eine echte Priorität für junge Menschen sei nicht erkennbar.
Titelfoto: Ralph Kunz

