Buschkow reagiert auf Hempel-Vorwürfe: "Sind nicht informiert worden"

Dresden/Köln - Wassersprung-Bundestrainer Lutz Buschkow (64) hat erstmals auf die schweren Vorwürfe durch den ehemaligen Wasserspringer Jan Hempel zum Umgang mit sexuellem Missbrauch reagiert!

Lutz Buschkow (64) wurde nach Veröffentlichung der Doku bis zur vollumfänglichen Aufklärung vom DSV freigestellt.
Lutz Buschkow (64) wurde nach Veröffentlichung der Doku bis zur vollumfänglichen Aufklärung vom DSV freigestellt.  © Georg Ismar/dpa

Er sei ebenso wie einige Kollegen "nicht über die Missbrauchsvorwürfe von Jan Hempel gegenüber seinem Trainer informiert worden", sagte der durch den Deutschen Schwimm-Verband (DSV) aktuell freigestellte Buschkow der FAZ.

Der viermalige Wassersprung-Europameister Hempel (51), Olympia-Silbermedaillengewinner 1996, hatte in der ARD-Dokumentation "Missbraucht - Sexualisierte Gewalt im deutschen Schwimmsport" seinen langjährigen Trainer Werner Langer (†) schwer belastet und dem Verband Untätigkeit vorgeworfen. Buschkow soll von den Vorwürfen gewusst und nicht entsprechend gehandelt haben.

Buschkow selbst sagt, dass er erst diesen August von den Vorwürfen erfuhr. "In einer Mail-Anfrage der Produktionsfirma Eye Opening Media am 10.8.22, 15.43 Uhr, in der mir von den Anschuldigungen von Jan Hempel gegenüber seinem Trainer berichtet wurde", so sagt Buschkow und führt aus:

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"Für mich stellt sich das so dar, dass einige wenige Dresdner damals von Jan Hempel ins Vertrauen gezogen wurden und dass es eine Absprache zwischen ihm und Ulla Klinger (damalige Bundestrainerin, d.Red.) gegeben hat, nicht an die Öffentlichkeit zu gehen, weil auch Jan Hempel das ausdrücklich so gewünscht hat."

Hempels ausdrücklicher Wunsch war es, nicht an die Öffentlichkeit zu gehen

1997 war es der ausdrückliche Wunsch von Jan Hempel (51), seinen Missbrauchsfall nicht öffentlich zu machen. Heute widerspricht er dieser Darstellung.
1997 war es der ausdrückliche Wunsch von Jan Hempel (51), seinen Missbrauchsfall nicht öffentlich zu machen. Heute widerspricht er dieser Darstellung.  © Stefan Hesse/dpa

Hempel hatte unter anderem Trainer Frank Taubert (66) ins Vertrauen gezogen. Hempel habe dabei "mir gegenüber und wenigen anderen hier in Dresden den Wunsch geäußert, dass es nicht an die Öffentlichkeit gelangen soll, um ihn und seine Familie zu schützen", sagte Taubert der FAZ.

Anschließend habe es ein Vieraugengespräch zwischen Hempel und Klinger gegeben. Daraufhin habe man sich geeinigt, Hempels Wunsch zu akzeptieren.

Hempel hatte sich nach eigenen Angaben 1997 der damaligen Bundestrainerin Ursula Klinger, die 2006 starb, anvertraut. Diese soll dann die Verbandsführung und die DSV-Trainer informiert haben.

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"Das kann ich nicht bestätigen", sagte Buschkow. Er war 1997 Bundestrainer Nachwuchs und Sichtung am Bundesstützpunkt in Berlin.

"Ich habe für mich noch mal nachgeforscht und was ich sagen kann ist, dass wir als DSV-Trainer bei den Deutschen Meisterschaften 1997 in Berlin in einem offiziellen Gespräch von Ulla Klinger informiert wurden, dass auf Grund von persönlichen Differenzen mit sofortiger Wirkung Frank Taubert Jan Hempel trainieren wird", meinte Buschkow. "Mehr wurde uns dazu nicht gesagt."

Hempel widerspricht der Darstellung aller Zeitzeugen in jeglichen Medien

Frank Taubert (66) übernahm 1997 die Betreuung von Jan Hempel und betont, dass es des Sportlers Wunsch war, dass er und seine Familie geschützt werden.
Frank Taubert (66) übernahm 1997 die Betreuung von Jan Hempel und betont, dass es des Sportlers Wunsch war, dass er und seine Familie geschützt werden.  © Thomas Türpe

Auch der DSC in Form von Präsident Wolfgang Söllner hatte diese Darstellung kurz nach Veröffentlichung der Dokumentation bestätigt. "Es war damals der ausdrückliche Wunsch von Jan Hempel, das Thema aus den Medien herauszuhalten", so der Rechtsanwalt.

Taubert, der einer der wenigen ist, die von damals noch berichten können, da sowohl Langer als auch Klinger verstorben sind, hatte dies bereits einen Tag nach Bekanntwerden den Dresdner Neuesten Nachrichten gesagt.

Hempel hat bislang in allen Medien dieser Darstellung widersprochen. "Die Springerführung hat mir damals gesagt: Wenn du das an die große Glocke hängst, dann war es das mit dem Wasserspringen, dann kannst du deine Karriere vergessen. Wie hätten Sie da reagiert?", sagte er nun auch der FAZ.

Hempel hatte unter anderem ausgesagt, er sei von dem inzwischen verstorbenen Trainer 14 Jahre lang missbraucht worden, unter anderem während der Olympischen Spiele 1992 in Barcelona, unmittelbar vor einem Wettkampf.

Laut Hempel, der nach eigener Darstellung die Verbandsspitze 1997 von den Vorgängen unterrichtet hatte, hat sich der DSV nie substanziell mit den Vorwürfen auseinandergesetzt. Der DSV hatte zuletzt eine vollumfängliche Aufarbeitung der Vorwürfe angekündigt.

Buschkow arbeitete seit 1991 für den DSV, seit 2002 war er Cheftrainer der Wasserspringer.

Von 2008 bis 2016 war er zudem als Leistungssportdirektor tätig.

Titelfoto: Georg Ismar/dpa

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