Clevere Ideen gegen das Wegwerfen von Lebensmitteln: Schluss mit der Verschwendung in Sachsen!

Dresden - Volle Regale. Pralle Vielfalt. Purer Genuss. Das Angebot an Lebensmitteln in Deutschland ist bunt, bekömmlich und berauschend. Gern und reichlich greifen die Menschen da zu. Die Kehrseite dieser Lust am Konsum: Ein Drittel aller eingekauften Lebensmittel landet hierzulande auf dem Müll. Ein Wahnsinn - in vielerlei Hinsicht. Lest hier, welche Initiativen es in Sachsen gibt, diese Verschwendung zu stoppen.

Verkäufer Max Harder (27) von "Hellers Kuchenglocke" übergibt nach Ladenschluss Anne Sophie Neubert und Jörg Schwerdtfeger Brötchen, die vom Tag übrig geblieben sind.
Verkäufer Max Harder (27) von "Hellers Kuchenglocke" übergibt nach Ladenschluss Anne Sophie Neubert und Jörg Schwerdtfeger Brötchen, die vom Tag übrig geblieben sind.  © Amac Garbe

18 Uhr. Ladenschluss für das Bäckerei-Café "Hellers Kuchenglocke" in der Dresdner Neustadt.

Während die letzten Gäste gehen, betreten Jörg Schwerdtfeger (32) und Anne Sophie Neubert (26) das Geschäft. Die beiden engagieren sich in der Initiative Foodsharing.

Sie sind gekommen, um die Backwaren abzuholen, die vom Tag übrig geblieben sind.

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Ein großer Korb Brötchen steht für sie schon bereit. Die leckeren Krumen wandern nun statt in die Tonne in die Taschen der Lebensmittel-Retter.

Lebensmittel müssen nicht immer weggeworfen werden

Konditormeister Martin Heller (35).
Konditormeister Martin Heller (35).  © Amac Garbe

"Wir sind ein reiner Bio-Betrieb. Es ist mit unserer Firmenphilosophie nicht vereinbar, Lebensmittel wegzuwerfen. Darum geben wir seit Jahren die Backwaren kostenlos ab, die wir nicht verkaufen konnten", berichtet der Konditormeister Martin Heller (35).

Der Handwerker unterstützt die Food-Saver aus Überzeugung, und dieses Tun kommt seinem Unternehmen durchaus zugute. Heller:

"Wir sparen nicht nur Entsorgungskosten. Wir erschließen uns so auch neue Kundenkreise. Beschenkte kommen zum Einkaufen zu uns, wenn unsere Produkte sie überzeugt haben."

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Anne Sophie Neubert verstaut belegte Bötchen in eine mitgebrachte Büchse. Die Studentin: "Ich finde es unmoralisch, genießbare Lebensmittel zu entsorgen. Als ich mit Foodsharing anfing, war ich echt erschrocken, wie viel auf dem Müll landet."

Sie erinnert sich lebhaft an ihre erste Abholung von aussortierten Artikeln. Neubert: "Das waren so viele, dass ich spontan Freunde zum Brunch eingeladen habe."

Ehrenamtliche kümmern sich um die Initiative Foodsharing

Anne Sophie Neubert (26) übergibt Rebecca Domes gerettete Brötchen und einen selbst zubereiteten Brotauflauf.
Anne Sophie Neubert (26) übergibt Rebecca Domes gerettete Brötchen und einen selbst zubereiteten Brotauflauf.  © Amac Garbe

Foodsharing ist eine internationale Bewegung. Sie entstand 2012 und zählt mittlerweile über 200.000 Nutzer in Europa.

Die Plattform Foodsharing organisiert übers Internet und Social-Media-Kanäle die Weiterverteilung von noch verwertbaren Lebensmitteln und Produkten, die Unternehmen aus ihrem Sortiment nehmen und unentgeltlich abgeben.

Freiwillige erledigen ehrenamtlich alle Aufgaben, die dafür tagtäglich nötig sind. Die Initiative arbeitet komplett geldlos. Mitmachen kann jeder Erwachsene, der sich einer Art Ehrenkodex unterwirft und sein Wissen im Umgang mit Nahrungsmitteln unter Beweis gestellt hat.

"Der Klima- und Umweltschutz steht beim Foodsharing im Fokus. Bedürftigkeit nicht. Soziale Vereine wie die Tafel haben bei allen Ab- und Ausgaben den ersten und umfassenden Zugriff", sagt Liane Drößler (34), die in Dresden zum Kopf des Netzwerkes gehört.

Fair-Teiler in Dresden

Jörg Schwerdtfeger (32) ist ein Foodsharing-Urgestein. Gerettete Lebensmittel verteilt er in seinem Freundeskreis und in der Nachbarschaft.
Jörg Schwerdtfeger (32) ist ein Foodsharing-Urgestein. Gerettete Lebensmittel verteilt er in seinem Freundeskreis und in der Nachbarschaft.  © Amac Garbe

Seit 2013 gibt es die Initiative in Elbflorenz. Rund 500 Menschen aus allen Bevölkerungsschichten leben und etwa 100 Unternehmen sowie private Haushalte unterstützen hier die Idee.

Die geretteten Lebensmittel werden im Umfeld der Akteure und in sogenannten Fairteilern im öffentlichen Raum von privat an privat kostenfrei abgegeben.

Drößler: "Solche Fairteiler stehen in Dresden zum Beispiel in Pieschen und der Johannstadt. Die Angebote werden sehr gut angenommen."

Jörg Schwerdtfeger ist bereits viele Jahre ein "Foodsaver". Der Umweltwissenschaftler erlebte immer wieder krasse Einsätze: "Einmal bekamen wir 40 Tonnen Bio-Tomaten zur Verwertung angeboten. Die haben die Tafel und wir zusammen binnen einer Woche verteilt. Literweise kochten Mitstreiter damals Soße und Ketchup ein."

Solche Stationen gibt es unter anderem in Pieschen und Johannstadt.
Solche Stationen gibt es unter anderem in Pieschen und Johannstadt.  © Amac Garbe

Neubert, Drößler und Schwerdtfeger haben eine Mission: Langfristig wollen sie der Wegwerfkultur den Garaus machen.

Titelfoto: Amac Garbe

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