"Ehrenmord" an Schwester? Zwei Brüder nach jahrelangen Ermittlungen gefasst

Dresden - Unbemerkter Mord im Plattenbau-Viertel! Erst knapp vier Jahre nach dem mutmaßlichen Mord an ihrer Schwester (22) in Dresden wurden zwei Iraker (30, 38) im europäischen Ausland geschnappt. Lange Zeit war unklar, dass die junge Frau Opfer eines Ehrenmordes geworden war.

An der Dürerstraße in Johannstadt geschah der Mord.
An der Dürerstraße in Johannstadt geschah der Mord.  © Thomas Türpe

In einer Plattenbauwohnung an der Dürerstraße im Stadtteil Johannstadt überraschten Zairk A. (38) und Sharhat A. (30) ihre Schwester - die laut Staatsanwaltschaft "nicht mit einem Angriff rechnete" – und erstickten sie. Das geschah im Oktober 2017. Jetzt, vier Jahre später, steht der Fall offenbar vor dem Abschluss.

Laut Ermittlungen hatten sich die Brüder zunächst unbemerkt in unterschiedliche Länder abgesetzt. Beide lebten legal in Finnland und Italien.

Erschreckend: Erst einen Monat nach dem Mord war die Leiche der 22-Jährigen, die als Geflüchtete in Deutschland anerkannt war, in ihrer Wohnung entdeckt worden.

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Das erschwerte den Ermittlern die Arbeit. "Zunächst war das ein ungeklärter Todesfall", so Oberstaatsanwalt Jürgen Schmidt (46). Unklar war etwa, ob es nicht auch ein Unfall oder Suizid hätte gewesen sein können.

Doch dann erhärtete sich der Verdacht einer Straftat.

In diesem Plattenbau wurde das 22-jährige Opfer erstickt in ihrer Wohnung aufgefunden.
In diesem Plattenbau wurde das 22-jährige Opfer erstickt in ihrer Wohnung aufgefunden.  © Thomas Türpe

Die weiteren Ermittlungen von Staatsanwaltschaft, Polizei und LKA zogen sich über Jahre hin. Erst diesen Juni wurden auf Antrag des Ermittlungsrichters Europäische Haftbefehle erlassen.

Am 1. Juli wurde Zairk A. (38) in Oulu (Finnland) festgenommen und sitzt seit der Auslieferung Ende Juli in Dresden in U-Haft. Sein Bruder Sharhat war auch schnell gefunden: Er sitzt bereits in Italien wegen eines Drogendelikts in U-Haft. Die Brüder waren nicht vorbestraft. "Beide Beschuldigte haben sich bislang nicht zu den Tatvorwürfen eingelassen", so Schmidt.

Oberstaatsanwalt Schmidt zieht potenziellen "Ehrenmord" in Betracht

Oberstaatsanwalt Jürgen Schmidt (46) nennt familiäre Hintergründe zur Tat.
Oberstaatsanwalt Jürgen Schmidt (46) nennt familiäre Hintergründe zur Tat.  © dpa/Sebastian Kahnert

Und wieso sollen sie ihre Schwester umgebracht haben? Möglicherweise war es ein "Ehrenmord". Oberstaatsanwalt Schmidt: "Familiäre Hintergründe kommen als Tatmotiv in Betracht." Seine Ermittlungsbehörde hat Anklage wegen Verdachts des gemeinschaftlichen Mordes erhoben.

Titelfoto: Montage: Thomas Türpe, dpa/Sebastian Kahnert

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