Zu viel Arbeit! Neumarkt-Tischler kommt nicht aus dem Knick
Chemnitz/Dresden - Kollegen können so fies sein. "Wenn Sie keine Tür benötigen, bestellen Sie diese bei: Tischlerei Sebastian Schulz". Es folgt eine Adresse in Chemnitz. Der Zettel, der da seit Tagen gut sichtbar am Jüdenhof hängt, wäre gut für eine Anzeige - Verleumdung, üble Nachrede usw.

Doch der Angeschwärzte nimmt's gelassen. "Ja, ich bin in Verzug. Eigentlich sollte die Tür bereits vor einem Jahr hängen", sagt Sebastian Schulz (56), Tischler aus Chemnitz. Den Zettel habe die Bauleitung des Palais City One aufgehängt. Denn das Karree ist seit 2019 fix und fertig.
Die Tür ist nicht irgendeine Tür, Schulz nicht irgendwer: Die Tür ist eigentlich ein Tor und soll als Rokoko-Nachbildung an das wiederaufgebaute Regimentshaus.
Von Schulz stammen nahezu alle großen Türen entlang der Brühlschen Terrasse in Dresden: Albertinum, Lispius-Bau, Ständehaus.
"In der Frauenkirche habe ich mit meinen Leuten beim Wiederaufbau 80 Prozent der Holzeinbauten gefertigt", sagt der gefragte Meister. Folgerichtig, dass er das Mobiliar aktuell ausbessern und reinigen hilft.
Doch inzwischen ist Schulz Einzelkämpfer. Eine Pleite vor sechs Jahren und verunglückte Werkstatt-Umzüge erschweren die Abarbeitung von Aufträgen. Eben auch die Sache mit dem Tor am Jüdenhof. In Kürze soll es hängen, anstelle des Zettels, verspricht er nun.



Titelfoto: Thomas Türpe, Steffen Füssel