Infineon-Baustelle setzt neue Maßstäbe: Ranklotzen für eine clevere Zukunft

Dresden - Die Infineon Technologies AG errichtet im Norden von Dresden derzeit eine der modernsten Halbleiterfabriken Europas.

Blick auf die Chipfabrik und die Großbaustelle von Infineon. Die Silhouette der Smart Power Fab soll später an die Festung Königstein erinnern.
Blick auf die Chipfabrik und die Großbaustelle von Infineon. Die Silhouette der Smart Power Fab soll später an die Festung Königstein erinnern.  © Imago

Die Baustelle der neuen Smart Power Fab zählt zu den größten Deutschlands. In Rekordzeit wächst dort im sensiblen Umfeld von Stadt, Heide und nebenan laufender Hightech-Produktion eine Fabrik, die Maßstäbe setzt. Doch wie geht das eigentlich zusammen: Megadimension und Mikropräzision?

Sieben spannende Fakten zum Bau und dem Stand der Dinge.

Meilensteine

Mehr als 2000 Bauarbeiter sind von Montag bis Sonnabend auf der Baustelle beschäftigt.
Mehr als 2000 Bauarbeiter sind von Montag bis Sonnabend auf der Baustelle beschäftigt.  © imago/Sylvio Dittrich

Der Rohbau der Fabrik konnte im Frühsommer vollendet werden - ein Meilenstein. In knapp eineinhalb Jahren schafften es die Bauleute, Bodenplatte, Decken und Wände sowie die stählerne Dachkonstruktion fertigzustellen.

Einen weiteren Meilenstein möchte Infineon bereits in den nächsten Wochen erreichen. Noch im Herbst soll die künftige Chip-Schmiede "Ready for Equipment" (zu Deutsch: bereit für Anlagen) sein. Schritt für Schritt wird danach mit der Installation der Produktionsanlagen begonnen werden.

Tempo

Raik Brettschneider (47) ist Geschäftsführer von Infineon Technologies Dresden.
Raik Brettschneider (47) ist Geschäftsführer von Infineon Technologies Dresden.  © DPA/Robert Michael

In puncto Baufortschritt stellt das Projekt jetzt schon Geschwindigkeitsrekorde ein. "Das ist die Fabrik in Europa mit der schnellsten Realisierung", sagt Dresdens Infineon-Geschäftsführer Raik Brettschneider (47). Über 2000 Menschen sind sechs Tage die Woche auf der Baustelle. Die Genehmigung für Sonntagsarbeit liegt vor, wurde aber noch nicht genutzt.

Apropos Genehmigung: Bereits lange vor Baubeginn stimmte sich Infineon mit den Behörden ab, um Verfahren zu beschleunigen. Aufgrund der Erfahrung des Unternehmens konnten Abläufe und Prozesse vorab genau bestimmt werden. So gab es u.a. zügig Teilbaugenehmigungen. Die Baugenehmigung für den letzten Bauabschnitt erhielt Infineon am 30. Mai 2024 - gut ein Jahr nach dem ersten Spatenstich am 2. Mai 2023.

Raik Brettschneider lobt ausdrücklich die Zusammenarbeit von Genehmigungsbehörden, Verwaltung und Politik. Er würde sich wünschen, dass die Kooperation so bleibt und diese zum neuen Standard für alle Industrie-Projekte wird. "Das würde den Wirtschaftsstandort Sachsen voranbringen", ist Brettschneider sicher.

Weiterer Bau-Turbo: Wo überall möglich, wird bei diesem Fabrikneubau mit vormontierten Modulen gearbeitet. Man kennt das vom Fertighausbau. Die Smart Power Fab ist in Europa allerdings die allererste Halbleiterfabrik, die nach diesem Prinzip hochgezogen wird.

Reinräume

Der große Reinraum der entstehenden Fabrik wird bereits permanent geputzt, damit Schmutz später den Start der Produktion nicht ausbremsen kann.
Der große Reinraum der entstehenden Fabrik wird bereits permanent geputzt, damit Schmutz später den Start der Produktion nicht ausbremsen kann.  © DPA/Robert Michael

Sogenannte Reinräume sind die Herzkammern der Chipproduktion. Die neue Smart Power Fab wird zwei davon besitzen. Der Reinraum in der vierten Etage besitzt eine Größe von über 15.000 Quadratmetern. Der zweite Reinraum ist über 5000 Quadratmeter groß und befindet sich der zweiten Etage.

Der Reinraum unterm Dach der Fabrik wird seit Anfang Juli permanent geputzt, um kontinuierlich Schmutzpartikel zu entfernen. Angesichts der Geschäftigkeit auf der Baustelle erscheint das auf den ersten Blick skurril. Es ist aber entscheidend für den späteren erfolgreichen Start der Smart Power Fab, sagen die Experten.

Für die Produktion von Halbleitern braucht man mehr Reinlichkeit als in einem OP. In der Chipfertigung kann schon ein einziges Staubkorn immense Schäden anrichten.

Maschinen

Mitarbeiter des Chipkonzerns Infineon im Reinraum der bereits bestehenden Dresdner Chipfabrik.
Mitarbeiter des Chipkonzerns Infineon im Reinraum der bereits bestehenden Dresdner Chipfabrik.  © DPA

Die Maschinen und Anlagen zur Chipherstellung sind gefragte Hightech-Produkte mit enorm langen Lieferzeiten.

Vor über einem Jahr hat Infineon deshalb schon Bestellungen für das entstehende Werk in Dresden ausgelöst.

Zwilling

Parallel zum Neubau aus Beton und Stahl wächst ein digitales Modell der Smart Power Fab. Dieser "Zwilling" erleichtert den Planern die Arbeit. Mithilfe des dreidimensionalen digitalen Modells kann jetzt effizienter gebaut werden.

Später wird der Zwilling zudem nützlich sein beim Optimieren der Produktion sowie der Wartung von Anlagen und Systemen.

Vorsicht

Die neue Chipfabrik entsteht in unmittelbarer Nachbarschaft zur "alten" Infineon-Chipfabrik. Der Fertigungsstandort wurde 1994 gegründet (damals noch als Teil von Siemens).

Damit die Produktion dort jetzt nicht beeinträchtigt wird, installierte man im Umfeld der Großbaustelle eine Vielzahl von Sensoren. Sie schlagen Alarm, wenn Gefahr durch Erschütterungen droht, die von der Baustelle ausgehen.

Eine Auszubildende präsentiert einen 300-Millimeter-Wafer aus der Dresdner Chipfabrik von Globalfoundries. Elbflorenz gehört zu den bedeutendsten europäischen Standorten der Chip-Industrie.
Eine Auszubildende präsentiert einen 300-Millimeter-Wafer aus der Dresdner Chipfabrik von Globalfoundries. Elbflorenz gehört zu den bedeutendsten europäischen Standorten der Chip-Industrie.  © DPA

Kosten

Infineon gibt das Investitionsvolumen für die Smart Power Fab mit fünf Milliarden Euro an. Es ist die größte je getätigte Einzelinvestition der Aktiengesellschaft. Die Verteilung der Kosten auf das Projekt kann man sehr vereinfacht so darstellen: Ein Drittel entfällt auf den Bau.

Der Rest wird benötigt für die "Innen-Ausstattung" des Werks mit Maschinen und Anlagen. Dresdens Infineon-Chef sagt: "Gegenwärtig liegen wir im Plan bei den Kosten und dem Bau."

Der Manager

Holger Hasse (54) managt als Projektleiter für Infineon den Bau der Smart Power Fab.
Holger Hasse (54) managt als Projektleiter für Infineon den Bau der Smart Power Fab.  © Eric Münch

Holger Hasse (54) managt als Projektleiter für Infineon den Bau der Smart Power Fab. Stets und ständig muss er dabei Kosten, Qualität und Zeit im Blick behalten. Diese Aufgabe verlangt ihm enormes Fachwissen, technisches Verständnis, Nerven wie Stahlseile und das Fingerspitzengefühl eines Herzchirurgen ab.

Wie kommt man zu so einem Job? Der Elektrotechniker Hasse hat Betriebswirtschaft und Maschinenbau studiert und lange Jahre in der Chip-Industrie gearbeitet, bevor man ihm diese Stelle übertrug. "Ich finde es enorm spannend hier täglich mitzuerleben, wie das neue Werk entsteht", sagt er.

Sein Ausgleich zur Arbeit ist die Fotografie. Am Wochenende streift Hasse oft durch die Sächsische Schweiz. Die Suche nach schönen Landschaftsmotiven entspannt ihn. Hasse: "Das ist mein Ruhepol."

Titelfoto: Fotomontage: imago//Eric Münch

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