Kraftpakete aus Pirna halten Hunderttausende Herzen im Takt

Pirna - Weihnachtszeit - Herzenszeit! Das Fest zur Geburt von Jesus Christus ist ein Fest der Freude und des Lebens. Für Menschen, die mit einem Herzschrittmacher leben, gilt das in doppelter und dreifacher Hinsicht. Ihr Leben und ihre Gesundheit hängen von der Zuverlässigkeit eines kleinen Apparates und vor allem dessen ausdauernder Batterie ab. Die Produktion dieser zuverlässigen Power-Pakete ist extrem anspruchsvoll. Nur fünf Firmen weltweit beherrschen das Verfahren - eine davon hat ihren Sitz im sächsischen Pirna.

Litronik-Geschäftsführer Dr. Jens Werner mit dem Modell eines menschlichen Herzens. Der Herzschrittmacher wird zur Behandlung eines aus dem Takt geratenen Herzschlages eingesetzt.
Litronik-Geschäftsführer Dr. Jens Werner mit dem Modell eines menschlichen Herzens. Der Herzschrittmacher wird zur Behandlung eines aus dem Takt geratenen Herzschlages eingesetzt.  © Thomas Türpe

"Unsere Batterien sind mindestens 15 Jahre wartungsfrei. Das garantieren wir unseren Kunden", erklärt Dr. Jens Werner. Er ist Geschäftsführer der Firma Litronik Batterietechnologie, die in Pirna 350 Menschen beschäftigt.

Das Herz dieses Vorzeige-Betriebes schlägt in der Fertigung. 250 Frauen und Männer arbeiten dort in rollenden Schichten. Die Produktion von Hightech-Batterien für medizinische Produkte besteht aus gaaanz viel sorgfältigster Handarbeit. Jens Werner beschreibt das sachlich so: "Wir sind eine teilautomatisierte Manufaktur."

Beim Rundgang durch den Betrieb wird deutlich, was er meint. In streng abgeschirmten Reinräumen sitzen Frauen an großen Arbeitsplätzen und montieren höchst präzise kleine Batterien. Die Litronik-Mitarbeiterinnen tragen vorschriftsmäßige Schutzkleidung, Hauben, Mundschutz, Handschuhe. In dieser speziellen Arbeitsumgebung ist der Mensch der größte Störfaktor!

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Jens Werner: "Unsere gesamte Produktion unterliegt strengsten Normen und Sicherheitsvorschriften. Alle Mitarbeiter, die in diesem Bereich eingesetzt werden, benötigen ein Jahr Einarbeitungszeit."

Die Herstellung von Anoden und Katoden für die Batterien verlangt neben Fingerfertigkeit höchste Präzision. Jeder Handgriff sollte da sitzen. Das gilt ebenso, wenn Schweißarbeiten unterm Mikroskop zu erledigen sind oder das Gewicht von Batterien bis auf drei Stellen nach dem Komma genau im Blick behalten werden muss.

Jens Werner: "Die Qualitätssicherung hat bei uns allerhöchsten Stellenwert. Wir müssen 15 Jahre Leben sichern."

Jedes Jahr gehen 300.000 Batterien aus Pirna in alle Welt

Blick in den Reinraum. Dort erfolgt die Montage der Batterien.
Blick in den Reinraum. Dort erfolgt die Montage der Batterien.  © Thomas Türpe

Pro Jahr werden bei Litronik in Pirna etwa 300.000 Batterien produziert. Werner: "Wir helfen damit 300.000 Menschen."

Die garantiert wartungsfreien Mini-Kraftwerke werden in Implantate eingesetzt - zum Beispiel in Herzschrittmacher, implantierbare Defibrillatoren und Neurostimulatoren. Zudem kommen sie als Energiequelle für implantierbare Herzmonitore zur Langzeitüberwachung der elektrischen Herzaktivität von Patienten zum Einsatz. Die Kundschaft der Pirnaer sitzt in Amerika, Europa und Deutschland.

"Die Nachfrage nach unseren Produkten ist unglaublich hoch, wir sind voll ausgelastet und wollen die Produktion weiter ausbauen", berichtet Jens Werner. Er blickt optimistisch in die Zukunft.

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Der medizinische Fortschritt setzt in immer mehr Bereichen auf ausdauernde Batterien, die Vitalität schenken und bewahren oder Gesundheit sowie Körperfunktionen überwachen.

Darüber hinaus freut er sich über Anfragen aus anderen technischen Bereichen.

Große Investitionen in Produktion und Personal geplant

Jens Müller untersucht am Mikroskop die Güte einer Batterie. Der 57-Jährige leitet das Qualitätsmanagement bei Litronik.
Jens Müller untersucht am Mikroskop die Güte einer Batterie. Der 57-Jährige leitet das Qualitätsmanagement bei Litronik.  © Thomas Türpe

Der Geschäftsführer hat die Segel auf Wachstum gesetzt: "Wir suchen Personal in allen Bereichen."

Werner plant die Erweiterung der Produktion in den nächsten Jahren. Er möchte den Grad der Automatisierung hochschrauben, um günstiger zu produzieren. Außerdem strebt er an, effiziente Fertigungslinien (wie sie im Automobilbau etabliert sind) aufzubauen.

Er rechnet gegenwärtig mit Investitionen in den Betrieb im Umfang von mehreren Millionen Euro in der näheren Zukunft.

Jens Werner: "Unser Ziel ist es, zukünftig den größten Anteil unserer Batterien vollautomatisiert zu produzieren."

Erfahrung macht den Unterschied

Kleine Kraftpakete im Größenvergleich. Batteriesysteme für medizinische Implantate werden immer winziger und leistungsstärker.
Kleine Kraftpakete im Größenvergleich. Batteriesysteme für medizinische Implantate werden immer winziger und leistungsstärker.  © Thomas Türpe
Nadine Seifert (33) arbeitet in der Endkontrolle. Jede Batterie wird strengstens geprüft, bevor sie an Kunden ausgeliefert wird.
Nadine Seifert (33) arbeitet in der Endkontrolle. Jede Batterie wird strengstens geprüft, bevor sie an Kunden ausgeliefert wird.  © Thomas Türpe

Die Batterieproduktion in Pirna kann auf eine lange Geschichte zurückschauen.

Am Standort von Litronik befand sich zu DDR-Zeiten eine sogenannte Elektrochemische Forschungsstelle für langlebige Batterien. 1979 startete man vor Ort mit der Entwicklung von Lithium-/Iod-Batterien für Herzschrittmacher.

Bis heute ein Medizin-Produkt entwickelt, erprobt und zugelassen ist, fließt viel Wasser die Elbe hinunter.

Litronik-Geschäftsführer Jens Werner: "Fünf bis sieben Jahre Entwicklungszeit und Kosten zwischen zehn und 20 Millionen Euro muss man für ein neues Produkt mindestens veranschlagen."

Zwei Trends zeichnen sich in dieser Branche aktuell ab: Die Batterien werden immer leistungsstärker und kleiner.

So funktioniert ein Herzschrittmacher: Elektrische Impulse sorgen für den richtigen Rhythmus

3-D-Illustration eines älteren Mannes, der einen Herzschrittmacher implantiert bekommen hat.
3-D-Illustration eines älteren Mannes, der einen Herzschrittmacher implantiert bekommen hat.  © 123RF

Ein gesundes Herz schlägt schnell genug, um den Körper beständig mit Blut zu versorgen. Bei manchen Herzerkrankungen schlägt das Herz aber zu langsam. Zur Behandlung dieser Schwäche implantieren Kardiologen Herzschrittmacher.

Der Schrittmacher funktioniert wie ein Taktgeber. Das Gerät bringt den Herzschlag in einen normalen Rhythmus. Dazu sendet der Schrittmacher elektrische Impulse über eine oder mehrere Elektroden ins Herz.

Mit jedem Impuls zieht sich der Herzmuskel zusammen, das Herz schlägt wieder im richtigen Takt.

Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation gehen davon aus, dass weltweit jährlich etwa eine Million Menschen einen Herzschrittmacher implantiert bekommen.

Titelfoto: Montage: Thomas Türpe, 123RF

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