Robotron lebt! Dresdner Unternehmen bringt Ordnung ins Daten-Dickicht

Dresden - Der Name Robotron hat immer noch Klang. Vielen klingt er vor allem nach den klobigen Rechenkisten aus der DDR. Nach Industrie-Geschichte und Ostalgie. Dabei gibt es Robotron auch heute noch - und zwar wie einst mit Firmensitz in Dresden. Nur, dass der heutige, top moderne Betrieb mit dem damaligen nicht allzu viel gemeinsam hat. Ein bisschen aber doch.

Damals war's: Eine Arbeiterin im VEB RAFENA-Werke Radeberg, einem Betrieb des VEB Kombinat Robotron im Jahr 1980. (Archivbild)
Damals war's: Eine Arbeiterin im VEB RAFENA-Werke Radeberg, einem Betrieb des VEB Kombinat Robotron im Jahr 1980. (Archivbild)  © picture alliance/ZB

Als das Kombinat zum Ende der DDR 1990 von der Treuhand abgewickelt wurde, war es Dr. Rolf Heinemann (heute 86), ein führender Mitarbeiter, der mit anderen Gesellschaftern die Robotron Datenbank-Software GmbH gründete.

26 Beschäftigte zählte das neue Unternehmen anfänglich. Heute, mehr als 30 Jahre später, sind es 466. Knapp 63 Millionen Euro Umsatz vermeldete "Robotron 2.0" im vergangenen Jahr. Sogar im fernen Neuseeland gibt es mittlerweile eine Tochterfirma.

Doch: Was machen die "Robotroniker" heute eigentlich?

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Ulf Heinemann (56) ist der Sohn des einstigen Firmengründers und Sprecher der Geschäftsführung, zu der auch sein Vater noch gehört. Er erklärt: "Zu Ostzeiten war Robotron ein Konglomerat verschiedener Firmen, die vom beheizten Hausschuh bis zum Großrechner alles gemacht haben - auch schon Software-Entwicklung."

Von Beginn an sei damals erkannt worden, "dass Hardware nicht das allein Seligmachende ist", dass es vielmehr auch Software dazu braucht. Darum habe es auch im 1969 gegründeten Kombinat schon einen Fachbereich für Datenbank-Entwicklung gegeben.

Das heutige Unternehmen hat mehrere Gebäude im Dresdner Gewerbegebiet Coschütz, darunter diese Firmenzentrale.
Das heutige Unternehmen hat mehrere Gebäude im Dresdner Gewerbegebiet Coschütz, darunter diese Firmenzentrale.  © Eric Münch
Ulf Heinemann (56) ist bei der Robotron Datenbank-Software GmbH Sprecher der Geschäftsführung.
Ulf Heinemann (56) ist bei der Robotron Datenbank-Software GmbH Sprecher der Geschäftsführung.  © Eric Münch

Robotron macht mittlerweile mit Daten Profit

Dieses Stück Robotron-Hardware überwacht mit seinen Sensoren industrielle Abläufe.
Dieses Stück Robotron-Hardware überwacht mit seinen Sensoren industrielle Abläufe.  © Eric Münch

In dessen Tradition - aber nicht in juristischer Nachfolge - stehe das heutige Unternehmen. 1996 habe man sich daher beim Marken- und Patentamt in München den Namen "Robotron" gesichert. Vielleicht ein Türöffner bei der Anbahnung von Geschäften, aber auch eine gewisse Bürde und Verpflichtung.

Ulf Heinemann sitzt in einem Besprechungszimmer des Firmensitzes an der Stuttgarter Straße, gelegen im Gewerbegebiet Coschütz/Gittersee. Das Sakko sitzt perfekt, der Ton ist locker.

"Unsere Kernkompetenz heute ist das effiziente Handling von sehr großen Datenmengen", sagt er. Solchen Mengen, wie sie in großen Betrieben, bei Bundesländern, Kommunen und Institutionen anfielen.

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Oder bei Energieanbietern - mit deren Datenmanagement macht Robotron etwa zwei Drittel seines Umsatzes. Entweder, indem man gemeinsam mit den Firmen (wie überhaupt bei allen Kunden) die passende Software gemeinsam entwickele. Oder, indem man gleich den Service verkaufe, die Datenflut als Administrator zu bewältigen.

"Mehr als die Hälfte aller fernabgelesenen Zähler in Deutschland laufen inzwischen über ein Robotron-System", verkündet Ulf Heinemann die Marktführerschaft nicht ohne Stolz.

Auch das Schreibmaschinenwerk ("Erika") gehörte einst zum Konzern.
Auch das Schreibmaschinenwerk ("Erika") gehörte einst zum Konzern.  © Imago/Sächsische Zeitung

Auch für die Polizei könnte Robotron von Nutzen sein

Franziska-Doreen Hornung (35) aus der Marketing-Abteilung mit einem Oldie-Rechner.
Franziska-Doreen Hornung (35) aus der Marketing-Abteilung mit einem Oldie-Rechner.  © Eric Münch

In Zeiten, in denen überall immer mehr Daten anfallen, gehe es "zunehmend darum, aus großen Datenmengen Mehrwert bringende Informationen zu beziehen", bringt Heinemann das Geschäftsmodell seiner Firma auf den Punkt. Es geht also um eine bessere, schnellere und klügere Vernetzung und Auswertung von Daten.

Ein Beispiel: Würde ein Dresdner Polizist schon bei der Aufnahme eines Unfalls erkennen, dass der beteiligte Mercedes Tage vorher in Leipzig gestohlen worden ist, und würde er dazu noch das Phantombild des Täters mit dem Konterfei des Unfallfahrers abgleichen können, "dann wäre das sehr hilfreich für die Polizei", glaubt Heinemann.

Tatsächlich gehören Sachsens Ordnungshüter zum Kundenstamm der Dresdner IT-Firma. So wie auch die Staatlichen Kunstsammlungen, deren dokumentierte Bestände dank einer Robotron-Software noch besser erfasst wurden und damit "bearbeitbar" sind.

Soll beispielsweise nach der Herkunft einzelner Objekte geforscht werden oder gelte es, sich Kunstschätze im Netz aufrufen und ansehen zu können, dann sei das jetzt viel besser möglich.

Ein weiteres, potenziell lukratives Geschäftsfeld der Zukunft ist auch die Industrie. Weil dort die Produktionsabläufe immer stärker automatisiert und mit Sensoren überwacht würden, fiele auch eine Unmenge von Daten an. Mit der richtigen Software ließen sich die Prozesse dabei vom Computer erlernen und Fehler könnten vermieden werden, noch ehe sie entstehen.

Neben der Software-Lösung bietet Robotron dabei ergänzend auch kleine Kästchen an, die mehrere Sensoren kompakt bündeln - Hardware also. Mit den klobigen Großrechnern von einst haben die aber erkennbar rein gar nichts mehr zu tun.

Blick ins kleine Robotron-Museum.
Blick ins kleine Robotron-Museum.  © Eric Münch

Es gibt sogar ein Robotron-Museum

Auch der Bürocomputer PC 1715 gehört zu den Ausstellungsstücken. 1984 wurde er vorgestellt.
Auch der Bürocomputer PC 1715 gehört zu den Ausstellungsstücken. 1984 wurde er vorgestellt.  © Sebastian Kahnert/dpa-Zentralbild/dpa

Quasi als Referenz an den Namensgeber, das einstige Robotron-Kombinat, gibt es im Keller des jetzigen Robotron-Unternehmens ein kleines Museum.

Dort werden an ausgesuchten Tagen im Jahr die "technischen Wunderwerke" der 1970er- und 1980er-Jahre gezeigt.

Infos und virtueller Rundgang unter: museum.robotron.de.

Titelfoto: Eric Münch

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