750 Stück hat er dieses Jahr im Advent schon probiert: Stollenprüfer nimmt mehrere Kilo zu
Dresden - Wenn andere vor Weihnachten Kalorien zählen, legt André Bernatzky (51) bewusst zu. Gut fünf Kilo mehr bringt der Dresdner Stollenprüfer jedes Jahr mit ins neue Jahr - Berufsrisiko, könnte man da wohl sagen. Denn bevor Weihnachten eigentlich erst so richtig losgeht, hat er bereits Hunderte Stollen probiert. Allein dieses Jahr waren es rund 750 Stück.
Bernatzky weiß, wovon er spricht. Seit fast zwei Jahrzehnten prüft er Stollen. Dabei hat alles aus der Not heraus angefangen. Das Deutsche Brotinstitut, welches das Naschwerk unter anderem für die Bäckerinnungen testet, kam auf ihn zu.
"Die hatten Personalmangel, da wurde ich gefragt, ob ich mit einsteigen kann." 2006 legte er seine Prüfung ab, seitdem reist er quer durch Deutschland, von Sachsen bis ins Rheinland.
Bei der Bewertung geht er streng und systematisch vor. Zuerst zählt die Optik: Ist der Stollen gut gezuckert? Zu flach, zu hoch, verbrannte Rosinen? Dann folgt der Schnitt in der Mitte.
Trockenheit, Hohlräume, die Textur - eine gute Scheibe darf leicht brechen. Danach wird gerochen, geschnuppert, schließlich gekostet.
Abtrainieren der Stollen-Kilos wird immer schwerer
"Man muss den Stollen im Mund zergehen lassen", sagt Bernatzky. Am Ende gibt es Punkte, wobei der Geschmack deutlich mehr zählt als das Aussehen. Neben der Prämierung geht es ihm vor allem um Hilfe fürs Handwerk.
Hat ein Stollen Mängel, gibt es konkrete Tipps für die Bäcker. Und die Wirkung zeigt sich: Die Qualität habe sich in den vergangenen Jahren spürbar verbessert.
Auch privat verzichtet der Experte nicht. "Selbst nach dem ganzen Testen esse ich Heiligabend und bis Neujahr noch Stollen." Danach heißt es allerdings: Disziplin.
Im Januar tritt Bernatzky kürzer, spielt in seiner Freizeit Badminton. "Ich merke aber schon, mit zunehmendem Alter wird das Abtrainieren der Stollen-Kilos immer schwerer ..."
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