Geheimes Dresden: Damit erließ der Papst all jenen ihre Sünden, die in die Kreuzkirche kamen
Dresden - Wenige Urkunden im Stadtarchiv sind so wertvoll wie die Papstbulle - ein päpstlicher Erlass - von 1399. Sie beweist, dass in Dresden mit Billigung der höchsten Kirchenautorität mit Ablass gehandelt wurde. In unserer Sommerserie "Geheimes Dresden" beschäftigt sich Archivleiter Thomas Kübler (60) genauer mit diesem für Dresdner Katholiken einst so wichtigen Stück Pergament.

Zunächst einmal stellt Stadtarchiv-Chef Kübler klar: "Der Papst hat eigentlich nicht mit Kommunen kommuniziert, weil hierfür im Normalfall Bischöfe zuständig waren. Bislang wurden nur in Dresden, Köln und Freiberg Papstbullen gefunden."
Und warum interessierte sich Papst Bonifatius IX. (1350-1404) für Dresden?
Laut Kübler war eine Kreuzreliquie - also ein angeblicher Splitter des Heiligen Kreuzes - in der Kreuzkirche der Grund. Eine solche soll 1234 von Constantia von Babenberg (1212-1243) im Zuge ihrer Einheirat ins Wettinergeschlecht mitgebracht worden sein ...
Was für ein Segen für die damals tiefgläubig katholischen Dresdner! Denn dank des dadurch entflammten päpstlichen Interesses gewährte ihnen das Kirchenoberhaupt 40 Tage Erlass vom "Fegefeuer".
Dieser furchteinflößenden religiösen Idee zufolge sind alle Menschen Sünder und müssen ihre Sünden vor Eintritt ins Himmelreich abbüßen - mit Ablass wird die Verweildauer im Fegefeuer kürzer.


Spannende Anekdoten aus der Stadtgeschichte im neuen Buch

"Bedingung war natürlich ein regelmäßiger Besuch der heiligen Messe in der Kreuzkirche, dem damals zentralen Gotteshaus innerhalb der Stadtmauern. Almosen werden in der Urkunde nicht ausdrücklich eingefordert, liegen aber nahe", sagt Dresdens oberster Archivar.
Wörtlich schreibt Bonifatius IX. in seiner Papstbulle vom 30. April 1399 etwas langatmig auf Latein, hier auf Deutsch übersetzt:
"Nachdem wir es deshalb so in Bezug auf die Kapelle des heiligen Kreuzes in der Stadt Dresden in der Meißner Diözese gehört haben, in der - wie behauptet wird - die besagte ruhmvolle Jungfrau durch das göttliche Wirken mit vielen Wundern strahlte und in dieser Kapelle wegen der Verehrung und Ehrerbietung dieser ruhmvollen Jungfrau gegenüber an jedem Tag zur späten Stunde die Antiphon über die ruhmvolle Jungfrau, die mit 'Salve regina misericordiae' beginnt, durch den Klerus der genannten Stadt gewöhnlich feierlich und andächtig gesungen würde und weil zu dem derartigen Absingen eine große Menge des Volkes dieser Stadt mit Andacht zusammenkäme, erlassen wir, die wir wollen, dass die an Christus Glaubenden deshalb eifriger um der Andacht willen zu dem derartigen Absingen zusammenströmen, wodurch sie sich deshalb als dort reicher durch das Geschenk der himmlischen Gnade ansehen, wir erlassen (also) gemäß der Barmherzigkeit des allmächtigen Gottes und im Vertrauen auf die Vollmacht seiner seligen Apostel Petrus und Paulus allen aufrichtig Büßenden und Beichtenden, die die Kapelle zu dieser Zeit andächtig besuchen und bei dem Gesang anwesend sind - wie vorgeschrieben, barmherzig 40 Tage von den ihnen auferlegten Bußen."
Im Jahr 1458 bestätigte Bischof Caspar von Meißen (1395-1463) den Ablass, später folgten weitere Ablassurkunden - eine davon tatsächlich wieder päpstlicher Natur. Anders als die Papstbulle von 1399 ging diese aber verlustig.


Weitere spannende Anekdoten aus der Stadtgeschichte finden sich im neuen Buch des Stadtarchivs namens "in civitate nostra Dreseden". Exklusiv erhältlich im Stadtarchiv Dresden (Preis: 49 Euro) oder per Online-Bestellung unter: dresden.de/stadtarchiv-buch.
Titelfoto: Bildmontage: Petra Hornig