Dresden - Der Begriff der Freiheit sei selten so umkämpft gewesen wie heute, sagt Iris Edenheiser, Direktorin des Deutschen Hygiene-Museums.
Diese Einschätzung, die wohl einer Tatsache entspricht, ist einer der Gründe, diesem Begriff in einer Ausstellung nachzuspüren. "Freiheit - Eine unvollendete Geschichte" öffnet heute für das Publikum.
Dem deutschen Begriff sind die jeweiligen Worte aus Tschechien und Polen zugeordnet, Svoboda und Wolność - jedes bedeutet Freiheit. Die Dreisprachigkeit weist hin auf den Charakter der Schau, denn im Kern wird der Freiheitsbegriff am Beispiel des Umbruchs in Polen, Tschechien und der DDR untersucht.
So entstand die Schau in Kooperation des Hygiene-Museums mit dem Europäischen Solidarność-Zentrum in Danzig, dem Nationalmuseum in Breslau und der Nationalgalerie in Prag. Mitkuratorin Viktoria Krason beschwört den "vergleichenden Blick über den deutschen Tellerrand hinaus."
Mit der Ausstellung wolle man künstlerischen Ausdruck und zeitgeschichtliche Tiefbohrung in Beziehung setzen, so Edenheiser. Stehen zwar die Umbruchgeschichten der Jahre 1989/90 im Mittelpunkt, holt man weiter aus, geht mit Bildern und Dokumenten zurück bis ins 18. Jahrhundert, als der Freiheitsbegriff politischen Aufschwung nahm.
Hygiene-Museum: Freiheit als vielschichtiger Begriff
Am interessantesten ist die Schau tatsächlich in Darstellung und Reflektion des Umbruchs im Machtbereich der Sowjetunion, etwa mit Dokumenten zur Charta 77, mit der in der damaligen ČSSR führende Intellektuelle, darunter der Schriftsteller und spätere Staatspräsident Vaclav Havel (1936-2011), die Wahrung der Menschenrechte anmahnten, oder zum Aufstand der Gewerkschaft Solidarność, mit der 1980 in Polen alles begann.
Mehr als 30 Jahre ist das her. Wusste damals wohl ein jeder, wie Freiheit aufzufassen sei - hauptsächlich als Befreiung von staatlicher Willkür und Möglichkeit zur Mitgestaltung anderer Verhältnisse -, unterliege der Begriff heute einem Bedeutungswandel, so Philipp Bürger, zweiter Mitkurator der Schau.
Die Bedeutung des Begriffs steht nicht fest, man müsse fortwährend daran arbeiten - in diesem Sinne sei Freiheit das unvollendete Projekt, von dem der Untertitel der Ausstellung spricht.
Zur Ausstellung gehört ein Rahmenprogramm mit teils hochkarätigen Teilnehmern. So liest am Montag (23. Juni) Ex-Kanzlerin Angela Merkel (70) aus ihrem Buch "Freiheit" (ausverkauft), diskutieren am Donnerstag (26. Juni) Prominente wie der Schriftsteller Marko Martin (54) zum Thema "Über die Freiheit heute: Ende der Illusionen?".