Riesige Schlange an der Semperoper: Was ist denn da los?
Dresden - Eine ganze Stadt steht an - die Schlange zieht sich in Zweierreihe vom Theaterplatz bis zum Postplatz. Hunderte Menschen warten geduldig, bis sie schubweise ins Foyer der Dresdner Semperoper eingelassen werden. Und das aus gutem Grund.
Am heutigen Sonntag wurden dort nämlich ab 10 Uhr mehr als 2600 Kostümteile (von 3 bis 99 Euro) aus vergangenen Inszenierungen (unter anderem "Nabucco" und "Carmen") verkauft.
"Wir hatten schon mit einem Ansturm gerechnet, aber nicht mit einem solchen", sagt Ralph Lederer (52), Direktor der Kostümabteilung, überwältigt.
"Die ersten Käufer standen schon um 6.45 Uhr vor der Tür", weiß Theatersprecher Oliver Bernau (57).
Innerhalb der ersten Stunde klingelten rund 3500 Euro in der Theaterkasse, probierten mehr als 700 Dresdner die hochwertigen Kostüme an - während draußen die Schlange keinen Meter kürzer wurde.
Eine Dame vom Sicherheitsdienst schüttelt schmunzelnd den Kopf: "Der Verkauf wurde ja auch besser publiziert als manche Premiere."
Entsprechend rappelvoll war das Foyer. Mitten im Gedrängel: Multiunternehmer Wolle Förster (68) - er hat es auf eine weinrote Livree (85 Euro) mit viel Gold abgesehen, und auf ein Samtwams (30 Euro) aus "Romeo und Julia".
"Alles tolle Sachen, die ich bei Moderationen anziehen kann", schwärmt Wolle von der Schneiderkunst.
2000 Dresdner kleiden sich mit Semperoper-Outfits ein
Auch für einen Einsatz auf der Bühne hamstert die Theatergruppe des Museumsvereins aus Riesa. Zwei große Kartons sind randvoll mit Kostümen gefüllt, obenauf türmen sich vier weitere Kartons mit Stiefeln.
Zwei Freundinnen suchen sich gegenseitig rot-gemusterte Sommerröcke aus. Xenia (52) und Emily (24) bedienen sich an einer Garderobenstange, die voller Kleider hängt - alle bedruckt mit Frauenporträts berühmter Gemälde.
Kostümbildner Michael Wolf (36, "Grand Hotel Budapest") geht auch nicht mit leeren Händen nach Hause: "Ich nehme einen schwarzen Seidenstoff mit - da wird was für den Tuntenball draus."
Der Kassensturz am Nachmittag ergibt: Mehr als 2000 Dresdner haben schon zugeschlagen, nur noch klägliche Reste hängen an den Kleiderstangen, in der Kasse klingeln über 50.000 Euro.
Titelfoto: Norbert Neumann