Wie sich Faschismus aus der Mitte formt: "Zerstörungslust" in der Frauenkirche
Dresden - Titel und Thema sagen viel. Kaum ein Buch erhält zurzeit so viel Resonanz wie der Band "Zerstörungslust: Elemente des demokratischen Faschismus" der Sozialwissenschaftler Carolin Alminger und Oliver Nachtwey. Nachtwey stellt das Buch dieser Tage im Forum Frauenkirche vor.
                                                                                                            
    
            In ihrem Buch zeichnen Autorin und Autor ein beunruhigendes Bild der Gegenwart. Ihre zentrale These: Die größte Gefahr für die Demokratie geht nicht allein von äußeren Kräften aus, sondern von einer destruktiven Haltung innerhalb der Gesellschaft.
Der Titel "Zerstörungslust" bezeichnet die Tendenz, bestehende Ordnungen anzugreifen und die liberalen Institutionen zu untergraben, obwohl man sie gleichzeitig nutzt. Dabei nehmen die Autoren nicht nur die Bundesrepublik in den Blick, sondern etwa auch die USA unter Donald Trump (79).
Alminger und Nachtwey zeigen, dass diese destruktive Haltung oft entsteht, wenn Menschen sich abgehängt oder ausgegrenzt fühlen. Wenn Aufstiegschancen stagnieren, Statusverlustängste zunehmen und gesellschaftliche Komplexität überfordert, wenden viele ihre Frustration nicht in produktive Gestaltung, sondern Zerstörung.
Damit ist nicht klassischer Terror gemeint, sondern ein subtiler, mittig verankerter Autoritarismus: der "demokratische Faschismus".
Die größte Gefahr inmitten der Gesellschaft
                                                                                                            
    
            Amlinger und Nachtwey differenzieren zwischen verschiedenen Typen: Die einen wollen alte Hierarchien wiederherstellen, die anderen zerstören aus Enttäuschung und Resignation, wieder andere streben eine autoritäre Alternative zur bestehenden Ordnung an. Gemeinsam ist ihnen, dass sie demokratische Instrumente nutzen, um die Demokratie selbst zu schwächen.
Empirisch stützen die Autoren ihre Analyse auf Interviews und Befragungen tausender Menschen in rechten, libertären und autoritären Milieus. Die Befunde zeichnen ein Bild, in dem persönliche Lebensbrüche, erlebte Ausgrenzung und blockierte Perspektiven Menschen empfänglich für destruktive Ideologien machen. Die größte Gefahr für die Freiheit, sagt die These, liegt nicht am Rand, sondern mitten in der Gesellschaft.
Das Buch will mehr bieten als eine Diagnose rechter Strömungen: Es versteht sich als Weckruf, die Demokratie nicht nur politisch, sondern auch sozial und emotional zu stabilisieren.
Effektiver Schutz bedeute demnach, Teilhabe zu sichern, soziale Gerechtigkeit zu fördern und den Menschen ein Gefühl von Zugehörigkeit zurückzugeben.
Termin ist am Donnerstag, dem 6. November 2025, 19.30 Uhr, in der Frauenkirche. Der Eintritt ist frei.
Titelfoto: Jürgen Bauer/ Suhrkamp Verlag

