Dresdner Musikfestspiele vor dem Start: Große Kunst trotz weniger Geld
Dresden - Laut einer Anfang April veröffentlichten Umfrage der Liz Mohn Stiftung stimmen 87 Prozent der Befragten der Aussage zu, dass "Kultur eine wichtige Stütze in einer sich immer schneller verändernden Gesellschaft" sei. Wer nach einer Bestätigung dessen sucht, kann auf die Dresdner Musikfestspiele schauen, deren Auftreten diesem Anspruch offenbar gerecht werden.

Beim gemeinsamen Musizieren und Musikhören stärke die Musik die Empathie für unsere Mitmenschen, fördere die Sensibilität und öffne unsere Herzen, heißt es in der Erläuterung des diesjährigen Festspielmottos, das schlicht "Liebe" lautet.
Der Anspruch, den das Festival an sich selbst richtet, ist ein hoher. "Und was könnte in unserer Zeit wichtiger sein?", heißt es weiter. "Die Liebe als Alternative zu Hass, Aggression und Gleichgültigkeit birgt eine Chance für unsere Welt."
Doch stößt der hohe Anspruch auf die schonungslosen Tatsachen öffentlicher Finanzierung. Die städtischen Kassen ächzen bekanntermaßen, was den Etat der Musikfestspiele erheblich schrumpfen lässt. Von 1,325 Millionen Euro auf dieses Jahr knapp 700.000 Euro ist die städtische Förderung in den zurückliegenden Jahren gesunken.
Fünf Millionen Euro beträgt diesmal der Sachkostenetat, aus dem die Kunst finanziert wird. Schon jetzt wird der Hauptteil von Karteneinnahmen (40 Prozent) und Sponsorengeldern (33 Prozent) getragen, nur 17 Prozent fallen auf die Stadt. "Kultur hat gemessen am Gesamtetat der Stadt überhaupt nur einen kleinen Anteil", sagt Intendant Jan Vogler (61).
"Um den müssen wir kämpfen", ergänzt er. Die Kulturstadt Dresden sei mit ihren Kulturinstitutionen und historischen Veranstaltungsräumen sowie einer tollen Hotellerie eine "großartige Festspielstadt", habe ein "wahnsinniges Potenzial" und sei es wert, dass in sie investiert werde.
Dresdner Musikfestspiele enden am 14. Juni

Ohnehin müssten weiterhin mehr Eigenmittel aus Sponsoring eingeworben und die Einnahmen aus dem Kartenverkauf gesteigert werden, so Vogler. Für das Großprojekt "The Wagner Cycles" etwa habe angesichts momentan unsicherer Bundesfinanzierung nach dem Regierungswechsel der Künzelsauer Schrauben-Multi Reinhold Würth (90) gespendet.
"The Wagner Cycles" bezeichnet die weltweit gefeierte historisch informierte Neuerarbeitung des "Ring des Nibelungen" durch Musikfestspiele und Concerto Köln unter musikalischer Leitung von Kent Nagano (73). Mit dem dritten Teil "Siegfried" schließt das Festival am 14. Juni.
Eröffnet wird dieser 48. Jahrgang am Sonntag im Kulturpalast vom NHK Orchestra aus Tokyo unter Fabio Luisi (Haydn, Mahler), zu den Solisten gehört der Intendant, Jan Vogler, Cellist.
58 Veranstaltungen an 24 Spielstätten zählt der Spielplan, zwei Konzerte fallen weg. Das "Verdi-Requiem" am 8. Juni wird angesichts der finanziellen Probleme verschoben, die ägyptische Sopranistin Fatma Said (34) hat ihren Auftritt am 10. Juni infolge Schwangerschaft abgesagt.
Es wartet ein vielfältiges Programm mit berühmten Orchestern (etwa Chicago Symphony mit Jaap van Zweden; Wiener Symphoniker mit Petr Popelka; London Symphony mit Sir Antonio Pappano; Staatskapelle Dresden mit Tugan Sokhiev), ebensolchen Solisten (etwa Cellistin Sol Gabetta, Pianistin Mitsuko Uchida, Pianist Song-Jin Cho, Violinistin Lisa Batiashvili) sowie Ensembles und Künstlern aus anderen Sparten (etwa Ronan Keating, The Ukulele Orchestra of Great Britain, Salut Salon, Mariza, Hiromi's Sonicwonder, Lars Eidinger).
39.000 von 48.000 Karten sind im Vorverkauf abgesetzt worden. Somit liegt die Auslastung schon jetzt bei mehr als 80 Prozent. Bei 93 Prozent lag vergangenes Jahr die Gesamtauslastung.
Titelfoto: Eric Münch