Ein Tag bei den Uhrmachern in Glashütte: Ich gelange an meine feinmotorischen Grenzen
Glashütte - Ein idyllischer Ort in Sachsen, wo Zeit nicht einfach vergeht - sie wird hier gebaut. Und zwar mit der Präzision eines Schweizer Uhrwerks. Halt, falsch - es geht hier um deutsche Uhrmacherkunst auf höchstem Niveau. Ich, der TAG24-Reporter, habe mich mutig in die heiligen Hallen von Glashütte Original gewagt und dabei nicht nur Uhren bewundert, sondern auch meine eigenen feinmotorischen Grenzen kennengelernt.

Eleganz und Tradition werden hier großgeschrieben. Schon seit 1845 werden in Glashütte Uhren in echter Handarbeit gefertigt.
Und ich? Dachte naiv, ich könnte da einfach mal ein bisschen mitspielen.
Meine erste Station: die sogenannte Perlierung in der Abteilung Dekoration. Klingt süß, ist aber nichts für Grobmotoriker wie mich.
Winzige Perlenmuster werden auf Bauteile aufgetragen - mit viel Fingerspitzengefühl und Augenmaß. Ich hingegen arbeite offenbar eher mit der gefühlvollen Faust. Ich konzentriere mich, schwitze - und stelle nach drei Minuten fest, dass mein Auge tränt.
"Man muss sich schon sehr konzentrieren und Feingefühl haben", erklärt eine Mitarbeiterin der Abteilung. Die Profis machen das stundenlang. Freiwillig. Hut ab.

Uhrmacher benötigen eine ruhige Hand

Station Zwei: die Poliererei und das Einsetzen sogenannter Chatons - mein persönlicher Endgegner. Hier wird poliert, geschraubt und eingesetzt, was das Werk hergibt: Rubine, winzige Schrauben - und das alles mit einer unglaublichen Präzision. Ich versuche, eine Schraube einzusetzen. Versuche ist das richtige Wort - sie springt mir davon. Keine Chance, die wiederzufinden.
"Hier muss sehr genau gearbeitet werden und eine ruhige Hand ist wichtig", heißt es von den Profis. Auch das Einsetzen der Rubine klappt "mittelmäßig".
Und mit mittelmäßig meine ich: Ich starre minutenlang auf ein Teil, das man nur mit Lupe wirklich erkennt. Ganz ehrlich, dagegen wirkt ein IKEA-Regal aufzubauen wie ein Klacks.
Dann der Blick in den Reinraum.

Die Herstellung eines Uhren-Modells kann mehrere Jahre dauern

Dort arbeiten die echten Uhrmacher - Menschen, die sich über Jahre, teilweise Jahrzehnte, das Wissen und die Geduld angeeignet haben, um diese Miniaturmaschinen zusammenzubauen. Zutritt für mich? Fehlanzeige. Wir schauen von außen und allein das ist beeindruckend.
Nach all den Schweißperlen darf ich zum Schluss tatsächlich eine fertige Glashütte Original ans Handgelenk legen. Was für ein Gefühl! Nicht nur, weil die Uhr mehr wert ist als mein Selbstwertgefühl, sondern weil man spürt, wie viel Handarbeit in jedem einzelnen Modell steckt.
Was ich an diesem Tag gelernt habe? Uhren wie die von Glashütte Original entstehen nicht mal eben so nebenbei.
Die Herstellung eines Modells dauert Jahre, fast alle Komponenten (ca. 95 Prozent) entstehen im eigenen Haus, einschließlich der hochfeinen Ziffernblätter.
Das ist in Glashütte einzigartig. Und ich? Habe gelernt, dass mein Beitrag wohl eher darin liegt, die Uhren zu bewundern.
Titelfoto: Bildmontage: Marko Förster