Mehr Natur, mehr Flutschutz: Dresden reißt die Gräben auf

Dresden - Zu DDR-Zeiten wurden in Dresden zahlreiche Gewässer unter die Erde "verbannt", um mehr Raum für Bau und Landwirtschaft zu haben.

Aus dem steinernen Korsett befreit: Der Wiesengraben-Ost verläuft jetzt zur Freude von Sachgebietsleiter Harald Kroll-Reeber (62, r.) und Umweltamtsleiter René Herold (44) wieder oberirdisch.
Aus dem steinernen Korsett befreit: Der Wiesengraben-Ost verläuft jetzt zur Freude von Sachgebietsleiter Harald Kroll-Reeber (62, r.) und Umweltamtsleiter René Herold (44) wieder oberirdisch.  © Steffen Füssel

Nach der verheerenden Jahrhundertflut 2002 setzte ein Umdenken ein: Seitdem befreit die Stadt Stück für Stück die Bäche aus ihren unterirdischen Korsetts, was nicht nur Pflanzen und Tieren nützt, sondern auch dem Schutz vorm nächsten Hochwasser.

Seniorin Isolde Russig (73) steht auf ihrem Acker im Dresdner Osten zwischen Weißig und Quohren, wo sie auch aufwuchs. Was sie vor einem halben Jahrhundert selbst erlebte, geschah damals auf vielen Feldern.

"Die LPG wollte mehr Land nutzen, also hat man alles, was störte, weggemacht", erinnert sie sich. Um 1973 wurden auch der Wiesengraben-Ost verrohrt. "Ich freue mich so sehr, dass nach 50 Jahren wiedergutgemacht wird, was damals kaputt gemacht wurde."

Dresden: Hier könnt Ihr trotz Schmuddelwetter etwas in und um Dresden erleben: Unsere Tipps am Samstag
Dresden Hier könnt Ihr trotz Schmuddelwetter etwas in und um Dresden erleben: Unsere Tipps am Samstag

Es war ein langer Weg, um die Gewässer (mit Quohrener Feldgraben) über 2,3 Kilometer Länge aus den Betonrohren zu befreien, entlang des Bachbettes 6000 Gehölze (etwa Brombeere, Holunder) zu pflanzen.

Umweltamtsleiter Herold voll des Lobes

Auch diese Rohre wurden aus dem Erdreich entfernt und entsorgt.
Auch diese Rohre wurden aus dem Erdreich entfernt und entsorgt.  © Landeshauptstadt Dresden
Drei Traubeneichen wurden am Mittwoch mit Seniorin Isolde Russig (73), die hier aufwuchs, gepflanzt.
Drei Traubeneichen wurden am Mittwoch mit Seniorin Isolde Russig (73), die hier aufwuchs, gepflanzt.  © Steffen Füssel

2007 begannen die Planungen, mehrere Landeigentümer mussten für Teilflächen entschädigt werden. Insgesamt investierte die Stadt 3,12 Millionen Euro.

Libellen, Fliegen und Mücken sind am Bach schon angekommen. Zäune schützen die jungen Gewächse vorübergehend vor hungrigen Rehen. Auch drei Traubeneichen wurden gestern neu gepflanzt.

"Die Gewässer-Renaturierung ist wie eine eierlegende Wollmilchsau", sagt der neue (noch kommissarische) Umweltamtsleiter René Herold (44).

Dresden: "Gräfin Cosel", wie hast du Dich verändert! Weiße Flotte jetzt auch in schwarz-weiß
Dresden "Gräfin Cosel", wie hast du Dich verändert! Weiße Flotte jetzt auch in schwarz-weiß

"Davon profitieren Tiere, Pflanzen, Biodiversität und unser Hochwasserschutz." Denn das oberirdische Gewässer kann jetzt viel mehr Wasser aufnehmen, der Scheitelpunkt bei einem möglichen Hochwasser liegt dann niedriger. Millionenschäden, wie es sie wegen Starkregens auch in Weißig gab, sollen so verhindert werden.

Stück für Stück wird Dresden so grüner und sicherer. Erst im Sommer wurde der Podemuser Hanggraben im Zschonergrund offengelegt. Insgesamt beförderte die Stadt seit 2002 mehr als 20 Kilometer unterirdische Bäche wieder ans Tageslicht, dafür flossen rund 35 Millionen Euro.

Titelfoto: Steffen Füssel

Mehr zum Thema Dresden: