Moritzburger Ausstellung wagt sich auf "dünnes Eis"

Moritzburg - Ein Kajak auf der Terrasse. Eine Eisscholle samt Schlittenhund im Steinsaal? Schloss Moritzburg begibt sich mit der neuen, gleichnamigen Sonderausstellung auf "Dünnes Eis".

Eine kleine Inuit-Puppe ist Teil der Ausstellung.
Eine kleine Inuit-Puppe ist Teil der Ausstellung.  © Holm Helis

Ab Samstag wird im Jagdschloss August des Starken die Geschichte des Inuks George Niakungitok aus Labrador erzählt, der vor genau 200 Jahren in Dresden und Moritzburg Tausende Schaulustige anlockte.

Was geschah im April anno 1825?

Der geschäftstüchtige Kapitän Samuel Hadlock tourte mit seiner Schaustellung des "Esquimaux-Indianer" George und seiner Frau Mary, deren Lebensweise und einem Museum mit rund 100 Exponaten durch Europa.

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Etwa drei Wochen gastierte er auf dem Dresdner Altmarkt, dann kam er auf Verlangen von Friedrich August I. für einen Tag nach Moritzburg.

Dort unterhielten George und Mary den Hof mit Jagd- und Rudervorführungen, Bogenschießen, Fischfang und der berühmten Kenterrolle auf dem Schlossteich. Dieses Kunststück wiederholten sie im Teich am Palais im Großen Garten.

"Wir thematisieren den Verlauf und die Hintergründe dieser insgesamt sechsjährigen Schaustellerreise - eingebettet in die Zeitgeschichte", so Museologin Margitta Hensel.

Der Inuk George, der als 20-Jähriger von Hadlock angeworben wurde, und seine vermeintliche Frau Mary anno 1825.
Der Inuk George, der als 20-Jähriger von Hadlock angeworben wurde, und seine vermeintliche Frau Mary anno 1825.  © Holm Helis
Diese Zeichnung fertigte George selbst an - sie wurde an Zuschauer verkauft.
Diese Zeichnung fertigte George selbst an - sie wurde an Zuschauer verkauft.  © Holm Helis

Ausstellung ist bis zum 2. November in Moritzburg zu sehen

Restauratorin Julia Ziegler (39) drapiert behutsam ein Exponat für die Ausstellung.
Restauratorin Julia Ziegler (39) drapiert behutsam ein Exponat für die Ausstellung.  © Holm Helis

"Wir zeigen die Verbindung zur Herrnhuter Brüdergemeinde, deren Missionare in Labrador versuchten, die Inuit spirituell und zivilisatorisch zu beeinflussen."

Die Ausstellung erzählt auch das traurige Ende von George und Mary. Die echte Mary verstarb in England, "sie wurde zweimal ersetzt, vermutlich durch eine Roma", weiß Kurator Christian Feest.

George starb in Straßburg. Dort wurde sein Körper bestattet, sein Kopf aber wurde präpariert und weiter auf der Schaustellerreise gezeigt - bis die Polizei in Paris einschritt und ihn auf dem Friedhof Montmartre zur letzten Ruhe bettete.

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Hadlock kehrte ins Land der Inuit zurück und verunglückte bei der Robbenjagd.

Für den Steinsaal bauten Dresdner Theaterplastik-Studenten eine Eisscholle samt Kanu und Schlittenhund an.
Für den Steinsaal bauten Dresdner Theaterplastik-Studenten eine Eisscholle samt Kanu und Schlittenhund an.  © Holm Helis
In den Vitrinen sind Zeichnungen des Inuks George ausgestellt.
In den Vitrinen sind Zeichnungen des Inuks George ausgestellt.  © Holm Helis

Die kontroverse und vielschichtige Ausstellung, die den Bogen von kolonialen Praktiken bis in die Gegenwart der Inuit schlägt, ist bis 2. November zu sehen.

Titelfoto: Bildmontage: Holm Helis

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