Abstimmungen für die Tonne! Stadträte können sich nicht auf Formalien einigen - Ist Dresden noch regierbar?

Dresden - Der Stadtrat ist arg zerstritten, einst verlässliche Koalitionen wie Rot-Grün-Rot sind längst Geschichte. Es gibt acht Fraktionen, jüngst wechselten erst wieder zwei Stadträte das politische Lager. Der Vorsitzende OB Dirk Hilbert (51, FDP) bemüht sich kaum um Mehrheiten, das städtische Parlament wird zunehmend handlungsunfähig.

Die Stadträte sind zerstritten, bekommen sogar Mehrheiten für kaum umstrittene Sachverhalte nicht zusammen.
Die Stadträte sind zerstritten, bekommen sogar Mehrheiten für kaum umstrittene Sachverhalte nicht zusammen.  © Eric Münch

Das zeigt nicht nur die ungeklärte Wahl des OB-Vize. Noch nicht mal die als Formsache geltende Schöffenwahl schaffen die Stadträte - trotz eines Brandbriefs von Amtsgerichts-Präsident Holger Schindler (61).

Mit Besorgnis habe er das Ergebnis des ersten Wahlgangs zur Wahl der Vertrauenspersonen für den Schöffen-Wahlausschuss zur Kenntnis genommen, schreibt Schindler an OB Hilbert.

Zuvor hatten die Stadträte nur einen von acht Kandidaten (jede Fraktion nominiert einen) mit der notwendigen Zweidrittel-Mehrheit gewählt. Sieben werden aber benötigt.

Amtsgerichts-Präsident Holger Schindler ist besorgt

OB Dirk Hilbert (51, FDP) leitet den Stadtrat, erhielt wegen des Wahldramas um den Schöffenwahlausschuss bereits einen Brandbrief von der Justiz.
OB Dirk Hilbert (51, FDP) leitet den Stadtrat, erhielt wegen des Wahldramas um den Schöffenwahlausschuss bereits einen Brandbrief von der Justiz.  © Eric Münch
Ist in Sorge und bat Hilbert darum, dass der OB all seinen Einfluss nutzt: Amtsgerichts-Präsident Holger Schindler (61).
Ist in Sorge und bat Hilbert darum, dass der OB all seinen Einfluss nutzt: Amtsgerichts-Präsident Holger Schindler (61).  © Ove Landgraf
Ohne die vom Stadtrat zu wählenden Vertrauenspersonen können die Schöffen für die nächste Periode nicht gewählt werden, sind Strafprozesse in Gefahr.
Ohne die vom Stadtrat zu wählenden Vertrauenspersonen können die Schöffen für die nächste Periode nicht gewählt werden, sind Strafprozesse in Gefahr.  © imago/Jochen Tack

Schindler bittet Hilbert daher, sich "mit all Ihrer Kraft und all Ihrem Einfluss" dafür einzusetzen, die fehlenden Vertrauenspersonen zu besetzen.

Denn nur dann können im Oktober die Schöffen für die Spruchkörper der Amts- und Landgerichtskammern gewählt werden, weiter Strafprozesse stattfinden.

Trotz allem: Beim zweiten Anlauf in der letzten Doppelsitzung des Rates schafften nur zwei weitere Kandidaten die Mehrheit.

Postenzoff im Stadtrat: Viermal wurde abgestimmt

Blamabel: Nach vier (!) Wahlgängen hat es der Stadtrat gerade mal geschafft, vier von sieben benötigten Vertrauenspersonen zu wählen.
Blamabel: Nach vier (!) Wahlgängen hat es der Stadtrat gerade mal geschafft, vier von sieben benötigten Vertrauenspersonen zu wählen.  © Eric Münch

Hilbert erinnerte am Freitag vorm dritten Wahlgang an den Brandbrief, sprach davon, "dringlichst und pünktlich die Stellen zu besetzen". Doch bis auf einen Kandidaten fiel der Rest erneut durch!

Heißt: Von sieben benötigten Personen wurden erst vier gewählt.

Hilbert sprach von "Trippelschritten", ordnete am Abend einen vierten (!) Versuch an.

Ergebnis: Kein einziger Kandidat schaffte eine Mehrheit. "Insofern können wir nicht fristgerecht abgeben und müssen es beim nächsten Mal erneut aufrufen", so Hilbert. "Es wäre schön, wenn wir uns als Stadt Dresden nicht blamieren."

Dafür dürfte es nun zu spät sein.

Titelfoto: Montage: Eric Münch, Ove Landgraf

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