Rave like God: In Erfurter Kirche legen DJs auf

Erfurt - Mit einem für Thüringen ungewöhnlichem Format will die evangelische Predigergemeinde in Erfurt am Samstag vor allem jüngere Menschen ansprechen - und nebenbei noch etwas Gutes tun.

Statt Orgel-Sounds erklingt in der Erfurter Predigerkirche auch Elektro-Musik.
Statt Orgel-Sounds erklingt in der Erfurter Predigerkirche auch Elektro-Musik.  © Martin Schutt/dpa

Wo sonst bei Gottesdiensten gebetet wird und Orgelmusik erklingt, sollen am Samstag junge Leute zu elektronischer Musik feiern: Erstmals lädt die Erfurter Predigerkirche zum Techno-Rave ein.

"Es geht darum einen Raum, in dem in der Regel Bewegungsarmut herrscht und der mit Stillsitzen verbunden ist, anders zu füllen als sonst", sagt Vikarin Anne Heisig. Sie hat das Format unter dem Motto "Rave like God" als Teil ihrer Ausbildung zur evangelischen Pfarrerin entwickelt.

"Wir sollen uns Projekte für die Gemeinde ausdenken und werden ermutigt, dabei auch etwas Einzigartiges und Experimentelles zu probieren", so Heisig. Und da sie selbst gerne tanze und Musik mache, sei sie auf die Idee gekommen.

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Ab 16 Uhr dürfen die Tanzwütigen in die Kirche kommen. Ein früher Beginn im Vergleich zu herkömmlichen Raves. Das Ganze geht aber auch nur bis 22 Uhr.

Danach können die Feiernden in einen Erfurter Club weiterziehen, mit dem die Predigergemeinde für die Veranstaltung zusammenarbeitet.

Große Tanzfläche und LED-Wand

Die Kirche wird sozusagen in einen Nachtclub verwandelt.
Die Kirche wird sozusagen in einen Nachtclub verwandelt.  © Martin Schutt/dpa

In der mehrere Hundert Jahre alten Kirche werden die Bänke für den Rave zur Seite gestellt. So ergebe sich eine große Tanzfläche. Zudem schützten die Bänke an den Seiten historische Grabplatten, so Heisig.

Eine LED-Wand mit Animationen soll Club-Atmosphäre erzeugen. An einer Bar werden auch alkoholische Getränke verkauft werden, verschiedene DJs legen am Pult auf.

Der Eintritt sei nur über die Abendkasse möglich, erklärt Heisig. Neben dem Preis für das Ticket sollen die Gäste auch Lebensmittelspenden für die Tafel mitbringen.

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Der Rave sei explizit nicht als Techno-Gottesdienst, wie es sie andern Orts schon gab, gedacht, betont Heisig. Der Abend soll ein offenes Angebot für alle sein und eben auch diejenigen ansprechen, die sonst nicht in die Kirche kommen.

In Zeiten von Mitgliederschwund setzen Kirchengemeinden inzwischen häufiger auf ungewöhnliche Konzepte neben den klassischen Gottesdiensten.

So hat etwa die Evangelische Kirchengemeinde Woffleben in Ellrich (Landkreis Nordhausen) einen Pool-Gottesdienst konzipiert, bei dem geplanscht werden darf.

Kirche und Tanz: Kaum noch berücksichtigt

Die Evangelische Kirche Deutschland verweist etwa auch auf Gemeindeangebote an ungewöhnlichen Orten, etwa in Cafés, Fitnesscentern oder Kneipen.

Heisig sieht aber durchaus einen Zusammenhang zwischen Tanzveranstaltung und Kirche - vor allem der Predigerkirche. Denn diese steht eng in Verbindung mit dem mittelalterlichen Kirchenmystiker und Philosophen Meister Eckhart, der Tanz und Spiritualität eng verbunden sah.

In der protestantischen Kirche werde dieser Zusammenhang kaum noch aufgegriffen, so Heisig. "In anderen Kulturen gehört das Körperliche, das Ganzheitliche genauso zur Religion wie das Singen und Beten."

Titelfoto: Martin Schutt/dpa

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