Kritik an Kameras auf dem Anger: "Sicherheitspolitischer Irrsinn"

Von Annett Gehler

Erfurt - Am Freitag sollen die Überwachungskameras am Anger in Erfurt in Betrieb genommen werden. Die Linke-Landtagsfraktion äußert Bedenken hinsichtlich möglicher Grundrechtsverletzungen.

"Hier wird absehbar massiv in Grundrechte eingegriffen", so Katharina König-Preuss (47, Linke), Sprecherin für Netzpolitik und Digitales.  © Michael Reichel/dpa

Die Beteuerung, die Kameras bei Versammlungen abdecken zu wollen, sei realitätsfremd und ohne valides Konzept, kritisierte die Sprecherin für Netzpolitik und Digitales der Fraktion, Katharina König-Preuss (47).

Dies gelte insbesondere im Hinblick darauf, wie mit Spontan- oder Eilversammlungen umgegangen werden soll.

In der Praxis bedeute dies, dass Menschen, die ihre Meinung frei äußern wollten, künftig abwägender handeln würden, sich zurückhalten oder schlimmstenfalls ganz auf politische Teilhabe im öffentlichen Raum verzichten würden.

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Die zwölf auf dem Anger installierten Kameras sollen nach mehrmonatiger Verzögerung nun Ende der Woche aktiviert werden.

Es ist nach Angaben des Innenministeriums das erste System in Thüringen, das von der Polizei betrieben wird. Die Monitore stehen beim Inspektionsdienst Nord der Erfurter Polizei.

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Erfurter Anger: Aufnahmen der Videokameras sollen nach zwei Wochen wieder gelöscht werden

Der Erfurter Anger gilt als städtische Problemzone unter anderem bei Drogendelikten, Diebstählen oder Schlägereien.  © Martin Schutt/dpa

Die gespeicherten Aufzeichnungen sollen nach zwei Wochen wieder gelöscht werden. Grundlage für die Videoüberwachung in der Thüringer Landeshauptstadt ist das Polizeiaufgabengesetz.

Der Start hatte sich aus datenschutzrechtlichen Bedenken verschoben. So müssen etwa Eingänge von Geschäften, Anwaltskanzleien oder Praxen, die im Sichtfeld der Kameras liegen, unkenntlich gemacht werden.

Bei Demonstrationen werden die Kameras laut Polizei komplett abgedeckt, um die Rechte der Teilnehmer zu wahren.

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Der Platz ist zentraler Anlaufpunkt für Einkäufe und ein wichtiger Knotenpunkt für Straßenbahnen und Busse. Zudem finden dort regelmäßig politische Kundgebungen und Demonstrationen statt.

Das Land und die Stadt versprechen sich von der Videoüberwachung unter anderem ein stärkeres Sicherheitsgefühl der Menschen und Beweisaufnahmen bei der Strafverfolgung.

Die Linke-Abgeordnete König-Preuss widerspricht: "Jede eingeschaltete Kamera auf dem Anger ist ein ausgeschaltetes Stück Freiheit, das Überwachungsprojekt auf dem Anger ist rechtlich hochgradig bedenklich und ein sicherheitspolitischer Irrsinn."

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