Von Birgitta von Gyldenfeldt und Alice Nägle
Hamburg - Ein junger Mann soll als "White Tiger" im Internet Kinder zu selbstverletzenden Handlungen bis hin zum Suizid getrieben haben - jetzt hat die Hamburger Staatsanwaltschaft Anklage unter anderem wegen Mordes gegen ihn erhoben.
Insgesamt werden dem heute 21-jährigen Shahriar J. aus Hamburg 204 Straftaten zur Last gelegt, jeweils verübt in mittelbarer Täterschaft.
Vorgeworfen wird ihm unter anderem der Mord an einem US-amerikanischen Jungen sowie versuchter Mord in fünf Fällen.
"White Tiger" soll der Kopf einer Gruppe von Cyberkriminellen gewesen sein, die aus sexueller Motivation heraus Kinder im Alter von 11 bis 15 Jahren im Internet zu Gewalt gegen sich selbst gezwungen haben.
Die angeklagten Taten soll der Hamburger im Zeitraum von Januar 2021 bis September 2023 begangen haben.
Die betroffenen Kinder stammen früheren Angaben der Ermittler zufolge aus Deutschland, England, Kanada und den USA. Ein 13-jähriger US-Amerikaner wurde demnach in den Suizid getrieben. Eine 14-jährige Kanadierin habe versucht, sich umzubringen. Von den deutschen Opfern stammen den Behörden zufolge zwei aus Hamburg und eines aus Niedersachsen.
Wie die Pressestelle des hanseatischen Oberlandesgerichts inzwischen mitteilte, könne bislang nicht bestätigt werden, dass die Anklage bereits wirksam zugestellt wurde. Laut Angaben haben noch nicht alle Verteidiger den Erhalt der vollständigen Anklageschrift bestätigt.
Solange die Zustellung nicht abgeschlossen ist, will das Gericht keine weiteren Angaben zum Verfahren machen.
In der Wohnung der Eltern festgenommen
Der Deutsch-Iraner war im Sommer in Hamburg in der elterlichen Wohnung unter anderem wegen Mordverdachts festgenommen worden.
Er sitzt im Jugendgefängnis auf der Elbinsel Hahnöfersand bei Jork in Niedersachsen in Untersuchungshaft. Zuvor hatte der mutmaßliche Sexualstraftäter zeitweise an einer privaten Hochschule Medizin studiert.
Bei der der zweiten Durchsuchung der Wohnung des Beschuldigten (17. Juni 2025) und der Vollstreckung eines gegen ihn erwirkten Haftbefehls, hatten die Beamten außerdem einen Schlagring, zwei Messer und einen Totschläger ohne waffenrechtliche Erlaubnis gefunden. Die Auswertung der an diesem Tag auch sichergestellten Datenträger dauert aktuell noch weiter an.
Bereits im Jahr 2021 hatte die Hamburger Polizei gegen den heute 21-Jährigen ermittelt. Damals ging es laut früheren Angaben der Staatsanwaltschaft um den Verdacht des Besitzes jugendpornografischer Aufnahmen.
Die Ermittlungen seien jedoch nach einer Vernehmung des Verdächtigen wegen Geringfügigkeit eingestellt worden.
Erstmeldung um 15.11 Uhr, Artikel aktualisiert um 17.22 Uhr.