HHLA soll gegen Vorgaben verstoßen haben: Platzt jetzt der Deal mit China?

Hamburg – Die geplante Teilübernahme des Hamburger Hafens durch die chinesische Staatsreederei Cosco könnte platzen. Warum? Laut Ansicht des Wirtschaftsministeriums hat es der Betreiber des Hamburger Hafens HHLA verpasst, ein Containerterminal rechtzeitig anzumelden, wie die Tagesschau am Mittwoch berichtet.

Das Hamburger Containerterminal Tollerort (CTT) wird jetzt doch als kritische Infrastruktur (KRITIS) eingestuft.
Das Hamburger Containerterminal Tollerort (CTT) wird jetzt doch als kritische Infrastruktur (KRITIS) eingestuft.  © Christian Charisius/dpa

Recherchen von NDR, WDR und der "Süddeutschen Zeitung" (SZ) zeigen, dass eine der Betreibergesellschaften des Hamburger Hafens, die HHLA, im vergangenen Jahr die Registrierung des Containerterminals Tollerort (CTT) als kritische Infrastruktur beim Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) versäumt haben soll.

Wenn man in Deutschland eine Einrichtung betreibt, die vor allem für die Versorgung der Bevölkerung mit Strom oder Trinkwasser essenziell ist, auch "KRITIS" (kritische Infrastruktur) genannt, ist man gezwungen sich beim BSI zu registrieren.

Das ist in der "KRITIS-Verordnung" so festgelegt, um zu gewährleisten, dass besondere Sicherheitsstandards eingehalten werden. Dies soll sowohl die jeweilige Einrichtung, als auch die öffentliche Sicherheit schützen.

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Solch eine Regel gilt auch für Häfen, die einen immens wichtigen Beitrag zur deutschen Wirtschaft beitragen. Der Hamburger Hafen ist einer davon.

Platzt jetzt der Übernahme-Deal mit China?

Der Deal über den Erwerb des Hamburger Hafens durch die Chinesen steht plötzlich wieder auf der Kippe.
Der Deal über den Erwerb des Hamburger Hafens durch die Chinesen steht plötzlich wieder auf der Kippe.  © Georg Wendt/dpa

Diese verspätete, aber enorm wichtige Registrierung bleibt nicht ohne Folgen. Die geplante Teilübernahme des Hamburger Hafens durch die chinesische Staatsreederei Cosco wird bereits seit Monaten von der Bundesregierung geprüft. Nun steht sie wegen dieses Fauxpas eventuell vor dem Aus.

Dem NDR, WDR und der SZ soll ein aktuelles Schreiben an die Mitglieder des Wirtschaftsausschusses im Bundestag des Bundeswirtschaftsministeriums vorliegen, in dem das Haus von Vizekanzler Robert Habeck (53, Grüne) deutlich macht, dass die HHLA ihrer Pflicht, das Terminal bis zum 2. April 2022 beim BSI registrieren zu lassen, nicht nachgekommen sei.

Außerdem sei bereits 2021 ein maßgeblicher Schwellenwert hinsichtlich der Menge an umgeschlagenen Gütern an diesem Terminal überschritten worden, so die Informationen.

Begeht die HHLA damit eine Ordnungswidrigkeit?

Aktuell steht die Frage im Raum: Ist die HHLA Schuld an der späten Anmeldung und begeht damit eine Ordnungswidrigkeit?
Aktuell steht die Frage im Raum: Ist die HHLA Schuld an der späten Anmeldung und begeht damit eine Ordnungswidrigkeit?  © Georg Wendt/dpa

Die Registrierung als "KRITIS" sei erst im Januar 2023 "nach Aufforderung durch das BSI" erfolgt, soll es weiter in dem Schreiben heißen. "Wer vorsätzlich oder fahrlässig eine Registrierung nicht vornimmt, handelt ordnungswidrig" erkläre das Ministerium darin weiter.

Verantwortlich für die Durchführung des Verfahrens wegen Ordnungswidrigkeit sei das BSI. Ob ein solches Verfahren vom BSI überhaupt durchgeführt werde, habe das zuständige Innenministerium bisher noch nicht beantwortet, heißt es.

Deshalb stünde die Frage im Raum: "Hat die HHLA im Laufe des Prüfungsprozesses durch die Bundesregierung eine falsche Einstufung gemacht?"

Im Oktober 2022 hatte die Bundesregierung, mit der Annahme, es handle sich bei dem Terminal nicht um eine kritische Infrastruktur, eine mögliche Cosco-Beteiligung von 24,9 Prozent am Containerterminal Tollerort erlaubt. In der Ampelkoalition war diese Einigung schon damals extrem umstritten gewesen.

Eigentlich wollte das Kanzleramt von Olaf Scholz (64, SPD) sogar einen Erwerb durch die chinesische Reederei Cosco von 35 Prozent abnicken. Besonders die Grünen, die FDP und sechs andere Ministerien stellten sich dem allerdings entgegen, sodass sich die Regierung auf eine mögliche Teilübernahme einigte.

Beide Erwerbsparteien baten um Prüfung der neuen Kaufverträge durch das Bundesministerium.

Wie geht's jetzt weiter mit dem HHLA-Terminal Tollerort?

Der Erwerb der 24,9 Prozent am Hafen-Terminal wird erneut geprüft.
Der Erwerb der 24,9 Prozent am Hafen-Terminal wird erneut geprüft.  © Georg Wendt/dpa

Bis vor Kurzem war vor allem durch Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (57, SPD) und SPD-Chef Lars Klingbeil (45) argumentiert worden, dass China mit dem Deal keinen Zugriff auf relevante Systeme bekomme, da es sich bei dem Hafenterminal ja angeblich nicht um eine "KRITIS" handle. Erst vergange Woche wurde öffentlich, dass das Terminal doch als besonders schützenswert eingestuft worden sei.

Die HHLA selbst hatte angeblich bislang keine Unregelmäßigkeiten bei der Anmeldung des Terminals festgestellt. Allerdings hat es eine Änderung der "KRITIS-Verordnung" gegeben. In diesem Zuge ist eine neue Kategorie eingeführt worden. Dieser würde das Terminal Tollerort nun ebenfalls angehören und sei deshalb wie alle anderen Terminals seit Januar 2023 als kritisch registriert worden.

Laut der Tagesschau widerspreche die HHLA dem Wirtschaftsministerium: "Die Position des Bundeswirtschaftsministeriums ist aus Sicht der HHLA sachlich und rechtlich unbegründet. Die HHLA hat alle beteiligten Behörden im laufenden Investitionsprüfverfahren über die Umschlagsmengen am CTT jederzeit umfassend und transparent informiert."

Die HHLA erklärte auch, Cosco würde mit einer Beteiligung an dem Hamburger Hafenterminal "keinen Zugriff und keine Entscheidungsrechte erlangen - ebenso wenig wie in Bezug auf Grund und Boden des Terminals".

Die Bedingungen für den Deal mit China haben sich geändert

Nun scheint es so, als könnte der Deal mit den Chinesen trotz bereits unterschriebener Papiere wirklich noch platzen.

Nach Ansicht des Wirtschaftsministeriums habe sich die Grundvoraussetzung so weit geändert, dass dies Auswirkungen auf die damalige Entscheidung habe. Das stehe im Schreiben an das Parlament, worüber zuerst die dpa berichtete.

Schon bei einem geplanten Kauf von nur zehn Prozent müsse im Falle von kritischer Infrastruktur laut Außenwirtschaftsverordnung generell viel strenger geprüft werden.

Titelfoto: Christian Charisius/dpa

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