Heute vor 93 Jahren: Politische Entscheidung mit katastrophalem Ausmaß

Heute vor 93 Jahren, am 18. November 1932, nahm in der Ukraine eine Tragödie ihren Anfang. Mit den Beschlüssen Stalins begann die künstlich herbeigeführte Hungersnot, der Holodomor - eine Katastrophe, die Millionen Menschen das Leben kostete.

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Denkmal für die Opfer der Holodomor-Hungerkatastrophe in der Ukraine.
Denkmal für die Opfer der Holodomor-Hungerkatastrophe in der Ukraine.  © 123RF/wladyslawmus

Dem Holodomor (ukrainisch: Tötung durch Hunger) vorangegangen waren drastische Veränderungen im soziopolitischen und wirtschaftlichen Bereich in den späten 1920er und frühen 1930er Jahren durch den damaligen Machthaber Josef Stalin (*1878, †1953).

Sein Ziel: Die Sowjetunion, wozu damals auch die Ukraine gehörte, in eine industrielle Supermacht umzuwandeln.

Stalins radikale Politik der Kollektivierung sah vor, die Landwirtschaft zwangsweise zu verstaatlichen, traditionelle Agrarstrukturen zu zerstören und den Bauern durch hohe Abgaben ihre Ernte zu entziehen. Da die Ukraine das wichtigste Getreideanbaugebiet der Sowjetunion war, traf die Kollektivierung sie besonders hart.

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Der Widerstand ukrainischer Bauern und Bäuerinnen war groß, doch die sowjetische Führung reagierte mit Gewalt und Repressionen, und trotz Missernten wurden die Abgabequoten weiter erhöht.

Ein Erlass und seine Folgen

Eine neu erlassene Verordnung am 18. November 1932 durch das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei der Sowjetunion (KPdSU) verschärfte die Angriffe auf die Bevölkerung weiter.

Es wurden sogenannte Naturalienstrafen eingeführt: Dörfer, die ihre Sollabgaben nicht erfüllten, verloren das Recht auf Handel und Versorgung. Viele Regionen wurden auf schwarze Listen gesetzt - sie wurden blockiert, ihre Bewohner und Bewohnerinnen vom Lebensmittelhandel ausgeschlossen.

Diese Maßnahmen markierten den offiziellen Beginn der künstlich herbeigeführten Hungersnot.

Anmerkung der Redaktion: In manchen Quellen wird der 28. November 1932 als Beschlussdatum angegeben.

Die Hungersnot greift um sich

In den folgenden Monaten, besonders im Winter 1932/33, verschlimmerte sich die Lage dramatisch. Getreide, Kartoffeln und Vieh wurden beschlagnahmt, selbst Saatgut und Haushaltsvorräte wurden weggenommen.

Während die sowjetische Regierung weiter ukrainisches Getreide ins Ausland exportierte, um Devisen zu erhalten und die Industrialisierung voranzutreiben, starben ganze Dörfer aus. Die Hungersnot wurde nach außen hin verleugnet, angebotene Nahrungsmittel von diversen Hilfsorganisationen abgelehnt.

Schätzungen zufolge erlagen 8 bis 9 Millionen Menschen in der Sowjetunion dem Hungertod. Es wird von drei bis fünf Millionen Toten allein in der Ukraine ausgegangen, die damit die höchsten Opferzahlen zu beklagen hat.

Holodomor: Kontroverse und Aufarbeitung

Selbst lange Zeit danach fanden die Ausmaße der Hungerkatastrophe weltweit kaum Beachtung, obwohl einige Zeitzeugen sehr wohl darüber berichteten.

In der Ukraine gilt der Holodomor heute als Völkermord bzw. Genozid, der auch in vielen anderen Ländern als solcher anerkannt wird. Es gibt aber auch mehrere Staaten, die dem widersprechen. Bis in die Gegenwart wird kontrovers über die Einstufung als Genozid diskutiert.

Seit 2006 wird in der Ukraine jährlich im November der Holodomor-Gedenktag begangen, um an die vielen Opfer zu erinnern und welches bewusste Leid politische Entscheidungen über ein Volk bringen können.

In Zeiten aktueller Konflikte mahnt er, wie gefährlich Machtmissbrauch und Missachtung menschlicher Würde sind - und dass Hunger niemals als Waffe zu akzeptieren ist.

Titelfoto: 123RF/wladyslawmus

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