KI-Angriff über WhatsApp in Sachsen: So kapern Betrüger unsere Stimmen
Leipzig - Groß angelegter KI-Angriff auf WhatsApp-Nutzer: In den letzten Wochen sind in Sachsen zahlreiche Accounts des Messenger-Dienstes gehackt worden. Kriminelle versuchen so, über gespeicherte Kontakte an Geld zu kommen. Das Perfide: Um Vertrauen zu erwecken, klonen die Betrüger mit KI-Tools die Stimmen von Freunden und Bekannten.
Alles in Kürze
- KI-Angriff auf WhatsApp-Nutzer in Sachsen
- Betrüger klonen Stimmen von Freunden und Bekannten
- WhatsApp-Accounts werden gehackt und Kontakte um Geld gebeten
- Cyberkriminelle nutzen Umfrage-Link für Phishing-Falle
- Deepfake-Bots können durch gezieltes Nuscheln oder Fake-Fragen überlistet werden

Zwei Beispiele aus Leipzig: Ende August knackten Kriminelle den WhatsApp-Account eines Uni-Arztes. Während der Mediziner im OP stand, wurde an Dutzende seiner privaten Kontakte die Bitte versendet, kurzfristig mit 800 Euro auszuhelfen.
Noch heftiger traf es einen Sanitärunternehmer, dessen WhatsApp-Account ebenfalls unbemerkt von Fremden übernommen wurde. Die Stimme des Mannes wurde von den Kriminellen geklont.
Seine Kontakte erhielten am Wochenende plötzlich eine persönliche Bitte über Sprachnachricht.
Per "Echtzeitüberweisung" sollten sie ebenfalls 800 Euro übersenden. Bei Nachfragen war die KI-geklonte Stimme, die auch den Dialekt und die Schweratmigkeit des beleibten Mannes perfekt nachahmte, in der Lage, mit den Kontakten inhaltlich zu kommunizieren.
"Da reicht eine Sprachaufzeichnung von einer halben Minute aus, um über KI-Tools einen Stimmen-Klon zu erstellen", sagt der renommierte Digitalforensiker Dirk Labudde (59) von der Hochschule Mittweida.
Dem Bioinformatik-Professor ist diese Masche bereits seit einem Jahr bekannt.

WhatsApp-Hack läuft über Umfrage-Link

Und wie kommen die Cyberkriminellen an unsere Stimmen? "Klassisches Social Engeneering - da ruft jemand an und gibt vor, eine Umfrage machen zu wollen. Das Gespräch wird heimlich mitgeschnitten.
Oder es werden Sprachnachrichten aus gehackten WhatsApp-Chats genommen", erklärt der Experte.
Inzwischen gebe es über 100.000 vortrainierte KI-Modelle, die solche Sprachfetzen zu sogenannten Deepfakes formen können.
Sachsens Polizeibehörden ist die neue WhatsApp-Piraterie seit dem Eingang erster Strafanzeigen im Juni bekannt. Auslöser ist demnach ein über WhatsApp verschickter Umfrage-Link, hinter dem sich eine Phishing-Falle verbirgt.
"Die Umfrageseite verfolgt den Zweck, den WhatsApp-Account zu übernehmen", warnt Leipzigs Polizeisprecher Tom Richter. Unbemerkt vom Smartphone-Besitzer werden dessen Kontakte dann über WhatsApp Web kontaktiert und um Geldbeträge zwischen 600 und 1000 Euro gebeten.
Der vermeintliche Freund oder Bekannte bittet fast immer um Echtzeitüberweisung.

Wie man Deepfake-Bots überlisten kann
Selbst ganze Telefonate mit Stimmen-Bots sind Labudde bekannt. "Das ist schon traurig, dass man nicht mehr sicher sein kann, dass der, mit dem man gerade telefoniert, auch wirklich diese Person ist."
Und lässt sich ein solcher Stimmen-Bot überlisten, Herr Professor? "Ja, wenn man gezielt nuschelt oder die gleiche Frage zweimal hintereinander stellt - damit kommt der Voice-Bot nicht gleich klar."
Auch Fake-Fragen, wie die nach dem schönsten Polizisten im Land, können Deepfake-Klone aus dem Konzept bringen.
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