Tote Tochter spielt "keine Rolle mehr": Hannas Eltern ziehen sich aus "Eiskeller"-Prozess zurück

Von Britta Schultejans

Laufen/Traunstein/Aschau - Es sind Worte voller Trauer, Bitterkeit und Resignation: "Meine Mandanten leiden unter dem Verlust ihrer von ihnen über alles geliebten Tochter Hanna sehr schwer", teilt der Anwalt von Hannas Eltern mit.

In dem auch für die Juristen emotionalen Prozess (im Bild unter anderem Rechtsanwältin Regina Rick) ziehen sich die Eltern des Opfers zurück.
In dem auch für die Juristen emotionalen Prozess (im Bild unter anderem Rechtsanwältin Regina Rick) ziehen sich die Eltern des Opfers zurück.  © Felix Hörhager/dpa

Und sie hätten sich von dem Prozess um den Tod ihrer Tochter Aufklärung versprochen.

Doch nun hätten sie "schmerzlich erfahren" müssen, dass ihre Tochter Hanna "für diese Strafkammer überhaupt keine Rolle mehr spielt".

Mit diesen Worten ziehen sich die Eltern der vor drei Jahren im oberbayerischen Aschau ums Leben gekommenen Studentin Hanna überraschend aus dem gerade neu aufgerollten Prozess um den Tod ihrer Tochter zurück.

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"Ich habe dem Landgericht Traunstein soeben schriftsätzlich mitgeteilt, dass sich meine Mandanten mit sofortiger Wirkung dem Verfahren nicht mehr als Nebenkläger anschließen", heißt es in einer Mitteilung ihres Anwalts Walter Holderle, über die zuvor die "Passauer Neue Presse" berichtet hatte.

Bei Gericht sei der Rückzug der Nebenkläger zunächst noch nicht aktenkundig geworden, sagt Gerichtssprecherin Cornelia Sattelberger auf Anfrage - sie kündigt aber eine Stellungnahme an.

Denn begründet wird die Entscheidung unter anderem mit der Verfahrensführung der zuständigen Landgerichtskammer. "Die Strafkammer hat die Verhandlungsführung nahezu vollständig der Verteidigung überlassen", schreibt Holderle im Namen der Eltern.

Scharfe Kritik an Gericht und Verteidigung

In der Nacht zum Tag der Deutschen Einheit 2022 wurde die 23-jährige Hanna W. (kleines Bild) nach einem Club-Besuch getötet.
In der Nacht zum Tag der Deutschen Einheit 2022 wurde die 23-jährige Hanna W. (kleines Bild) nach einem Club-Besuch getötet.  © Peter Kneffel/dpa, Polizei Rosenheim

"Die Verteidigung nutzt diesen Umstand nicht nur zu einer unerträglichen Selbstdarstellungsinszenierung, sondern lässt auch keine Gelegenheit aus, Polizei, Staatsanwaltschaft sowie die vormals entscheidende Strafkammer zu diskreditieren."

Zu Prozessbeginn hatten die Anwälte Regina Rick und Yves Georg ihr sogenanntes Opening Statement vor allem dazu genutzt, mit der Richterin aus dem ersten Verfahren in der Sache und mit Ermittlern abzurechnen.

Sie gehen von einem Unfall aus und davon, dass Hanna auf dem Heimweg aus der Diskothek "Eiskeller" in Aschau im Chiemgau ohne Fremdeinwirkung in einen Bach stürzte und ertrank. Ihr Mandant, so betonen sie, sei unschuldig, habe zu Unrecht im Gefängnis gesessen.

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Verteidiger Georg weist die Kritik Holderles und der Eltern entschieden zurück, nennt die Mitteilung "indiskutabel" und spricht von "abseitigen Anschuldigungen".

"Dass Eltern schwer darunter leiden, wenn bei der Aufklärung des Todes ihrer Tochter mit harten Bandagen um das Recht gekämpft wird, können wir verstehen", sagt er der Deutschen Presse-Agentur.

"Es ist aber Aufgabe des Rechtsanwalts, seinen Mandanten zu erklären, dass und weshalb ein Strafprozess so abläuft und was die Aufgabe der Verteidigung ist."

Titelfoto: Peter Kneffel/dpa, Polizei Rosenheim

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