80 Tote in blutigem Bandenkrieg? Mutmaßlicher Strippenzieher vor Gericht

Von Anne Baum

Berlin - Nach einem fehlgeschlagenen Auftragsmord vor mehr als fünf Jahren schweigt der mutmaßliche Drahtzieher im Prozess vor dem Berliner Landgericht.

Die beiden Verteidiger wiesen die Anschuldigungen gleich zu Beginn des Prozesses in einer Erklärung zurück.
Die beiden Verteidiger wiesen die Anschuldigungen gleich zu Beginn des Prozesses in einer Erklärung zurück.  © Hannes P. Albert/dpa

Bei dem 34-Jährigen soll es sich um eine Führungsfigur des sogenannten Balkan-Kartells handeln. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Angeklagten versuchten heimtückischen Mord vor.

Die beiden Anwälte wiesen die Vorwürfe zu Prozessbeginn in einer Verteidiger-Erklärung zurück. Ihr Mandant sei "keinesfalls an der beabsichtigten Tötung eines Menschen beteiligt gewesen", erklärten die Anwälte.

Der serbische Staatsangehörige soll im Februar 2020 einen Anschlag auf ein Führungsmitglied einer gegnerischen Gruppierung in Berlin geplant und organisiert haben. Ein Mittäter habe in Charlottenburg zwei Schüsse abgefeuert. Dem Attackierten sei es gelungen, sich unverletzt in einen Hauseingang zu retten.

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Zwei Wochen später soll der in Berlin entkommene Mann allerdings in Montenegro bei der Explosion einer Autobombe ums Leben gekommen sein.

Die Auseinandersetzungen zwischen den beiden rivalisierenden Gruppen sollen nach Erkenntnissen des Bundeskriminalamtes (BKA) wechselseitig zu über 80 Morden und Mordversuchen geführt haben.

Verdacht auf Beteiligung an acht Morden

Der Mann wurde am 18. Oktober des vergangenen Jahres in Barcelona verhaftet.
Der Mann wurde am 18. Oktober des vergangenen Jahres in Barcelona verhaftet.  © Hannes P Albert/dpa

Bei dem Angeklagten handelt es sich aus Sicht von Europol um einen Verdächtigen der Organisierten Kriminalität, der eine Führungsposition innerhalb krimineller Gruppierungen hat. Laut Staatsanwaltschaft hatten gemeinsame Ermittlungen mit dem Bundeskriminalamt in Wiesbaden zur Festnahme des Mannes am 18. Oktober 2024 in Barcelona geführt.

Mitte März war er nach Deutschland ausgeliefert worden. Laut Behörden ist er unter anderem wegen der mutmaßlichen Beteiligung an acht Morden auch von Österreich, Kroatien, Montenegro und Serbien zur Fahndung ausgeschrieben.

Die Verteidiger erklärten weiter, im Prozess werde die Frage nach der Herkunft und Authentizität der Chats ein zentraler Punkt sein. Es sei zu klären, wer die Daten entdeckt, bearbeitet, analysiert und weitergeleitet habe.

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Die Anwälte kündigten zudem an, sie würden sich um den Status internationalen Schutzes für ihren Mandanten bemühen. Er könne nicht zurückkehren nach Serbien - "denn er würde dort, unabhängig davon, ob er sich in Haft oder auf freiem Fuß befindet, keinen einzigen Tag überleben", so die Verteidiger. Der Prozess wird am 17. Juni mit ersten Zeugen fortgesetzt.

Titelfoto: Hannes P. Albert/dpa

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