Pro-Palästina-Aktivistin grölt umstrittene Parole: Gericht fällt Urteil
Von Anne Baum
Berlin - Eine Aktivistin aus der propalästinensischen Szene ist nach Verwendung der umstrittenen Parole "From the river to the sea, palestine will be free" freigesprochen worden.
Alles in Kürze
- Pro-Palästina-Aktivistin freigesprochen für umstrittene Parole.
- Frau schuldig wegen Widerstands und tätlichen Angriffs auf Polizei.
- Geldstrafe von 1.800 Euro verhängt.
- Aktivistin bekennt sich zu Menschenrechtsarbeit für Palästina.
- Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Aus mehreren Gründen liege keine Strafbarkeit vor, befand das Amtsgericht Tiergarten. In weiteren Punkten der Anklage wurde die Frau allerdings des Widerstands sowie des tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte, der Verleumdung und der versuchten Körperverletzung schuldig gesprochen. Eine Geldstrafe von 1.800 Euro erging gegen sie.
Die 38-Jährige hatte zwischen April und Juli 2024 auf ihrem Instagram-Account und bei Demonstrationen in Berlin die Parole veröffentlicht und – auch durch Megafone – skandiert. Fünf Fälle des Verwendens von Kennzeichen terroristischer Organisationen wurden in der Anklage genannt.
Das Bundesinnenministerium hatte die Parole als Kennzeichen der verbotenen islamistischen Palästinenserorganisation Hamas eingeordnet. Mit dem Satz ist gemeint, es solle ein freies Palästina geben auf einem Gebiet vom Fluss Jordan bis zum Mittelmeer – dort, wo sich jetzt Israel befindet.
Die Angeklagte habe nicht die Hamas unterstützen wollen, sagte der Vorsitzende Richter Philipp Berkholz. Er bezog sich zudem auf einen Beschluss des Berliner Landgerichts vom April 2025. Die Frage, ob der Ausspruch ein Kennzeichen der Hamas ist, sei in der Rechtsprechung und Literatur umstritten, heißt es darin.
Widerstand geleistet bei Demonstrationen

Der Slogan sei "Teil einer internationalen und heterogenen Protestbewegung gegen das Handeln der israelischen Streitkräfte und Regierung in Gaza", zitierte Richter Berkholz aus dem Beschluss. Auslöser des Gaza-Kriegs war das Hamas-Massaker am 7. Oktober 2023.
Die 38-Jährige hatte die Vorwürfe über ihren Verteidiger gestanden. In einem politischen Statement sagte sie, ihr werde fälschlicherweise Antisemitismus unterstellt. Sie setze sich für das palästinensische Volk ein, sie werde deshalb diffamiert. Die Parole bedeute für sie Gerechtigkeit und Selbstbestimmung. Sie als Menschenrechtsaktivistin werde weiterhin ihre Stimme gegen Ungerechtigkeit erheben.
Verurteilt wurde die Aktivistin, weil sie sich bei Demonstrationen der Personalienfeststellung widersetzt habe. Im Juni 2024 habe sie Polizeibeamte pauschal als Kriminelle und Verbrecher bezeichnet, in einem anderen Fall habe sie einen Beamten mit einem Regenschirm beworfen. Verletzt wurde der Polizist nicht.
Das Gericht verhängte 120 Tagessätze zu je 15 Euro. Nach dem Richterspruch bejubelten Demonstranten vor dem Gerichtsgebäude das Urteil. Immer wieder wurde auch die umstrittene Parole skandiert.
Der Staatsanwalt hatte eine Geldstrafe von 220 Tagessätzen zu je 20 Euro (4.400 Euro) gefordert. Acht der vorgeworfenen Fälle hätten sich bestätigt, hieß es in seinem Plädoyer.
Der Verteidiger dagegen forderte hinsichtlich der Verwendung des Slogans Freispruch. Es handele sich nicht um ein Kennzeichen der Hamas, sagte der Anwalt. Seine Mandantin sei lediglich wegen Widerstands schuldig zu sprechen, einen konkreten Antrag stellte er nicht. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Titelfoto: Michael Ukas/dpa