Gericht gibt Volksbegehren "Berlin autofrei" freie Fahrt

Von Marion van der Kraats, Stefan Kruse

Berlin - Die Initiative "Volksentscheid Berlin autofrei" kann ihr Gesetzesvorhaben für ein weitgehendes Autoverbot in der Hauptstadt weiter verfolgen.

Der Berliner Verfassungsgerichtshof hat den Antrag der Initiative "Volksentscheid Berlin autofrei" für zulässig erklärt.
Der Berliner Verfassungsgerichtshof hat den Antrag der Initiative "Volksentscheid Berlin autofrei" für zulässig erklärt.  © Sebastian Christoph Gollnow/dpa

Der Berliner Verfassungsgerichtshof hat den Antrag zur Einleitung des Volksbegehrens für zulässig erklärt.

Berlins höchstes Gericht widersprach damit der Einschätzung des Senats. Dieser hielt das in einem Gesetzentwurf formulierte Ziel für verfassungsrechtlich bedenklich und hatte daher die Richter bereits 2022 um eine Prüfung gebeten, ob ein solcher Volksentscheid überhaupt zulässig wäre.

Das ist aus Sicht des Verfassungsgerichtshofs der Fall. Der Gesetzesentwurf ist demnach vereinbar mit der Berliner Verfassung, dem Grundgesetz sowie Bundesrecht. Der Landesgesetzgeber habe nach dem Straßenrecht einen Gestaltungsfreiraum, sagte Gerichtspräsidentin Ludgera Selting. Es bestehe kein Anspruch darauf, dass eine bestimmte Nutzung des Straßenraums aufrecht erhalten werde. "Das Straßennetz steht den Menschen weiter zur Verfügung", sagte Selting.

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Die Präsidentin betonte, dass das Gericht nicht darüber entschieden habe, ob Berlin autofrei werde. Die Richterinnen und Richter hätten lediglich zu beurteilen gehabt, ob sich der Gesetzentwurf im rechtlichen Grenzen bewege. Die Entscheidung fiel mit acht zu einer Stimme deutlich aus. Ein Richter hat ein Sondervotum verfasst.

Berlin: 50.000 Unterschriften für das Anliegen

Für das Volksbegehren einer autoarmen Hauptstadt kamen 50.000 Unterschriften zusammen.
Für das Volksbegehren einer autoarmen Hauptstadt kamen 50.000 Unterschriften zusammen.  © Sebastian Christoph Gollnow/dpa

Nach den Plänen der Initiative sollen nach einer Übergangszeit von vier Jahren fast alle Straßen innerhalb des S-Bahn-Rings mit Ausnahme der Bundesstraßen zu "autoreduzierten Straßen" erklärt werden. Private Autofahrten sollen pro Person nur bis zu zwölfmal im Jahr möglich sein.

Ausnahmen von dem faktischen Autoverbot soll es demnach für Menschen mit Behinderung, Polizei, Rettungsdienst, Feuerwehr, Müllabfuhr, Taxen sowie Wirtschafts- und Lieferverkehr geben. Das gilt auch für Busse.

Mit der Entscheidung ist die Initiative einen wesentlichen Schritt weiter. Sie kann die nächste Phase des Volksbegehrens einleiten. Innerhalb von vier Monaten müssen die Unterschriften von mindestens sieben Prozent der Berliner Wahlberechtigten gesammelt werden. Das sind derzeit rund 170.000 Menschen.

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Gelingt das, würde ein Volksentscheid folgen, bei dem wie bei einer Wahl über den Gesetzentwurf abgestimmt wird. Der Volksentscheid wäre erfolgreich und würde das Gesetz in Kraft setzen, wenn eine Mehrheit der Wähler und zugleich mindestens ein Viertel aller Wahlberechtigten zugestimmt haben.

Die Initiative hatte im Sommer 2021 mehr als 50.000 Unterschriften für die Einleitung eines entsprechenden Volksbegehrens zur Verkehrswende gesammelt. Nötig waren in dieser ersten Phase des Volksbegehrens 20.000 gültige Stimmen. Doch zum nächsten Sammelschritt kam es nicht: Der Senat schaltete das Verfassungsgericht ein.

Erstmeldung: 10.37 Uhr, aktualisiert: 11.07 Uhr

Titelfoto: Sebastian Christoph Gollnow/dpa

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