Hells Angels vs. United Tribuns: Justiz-Drama um tödlichen Rockerkrieg in Leipzig

Leipzig - Es war der blutige Höhepunkt des Leipziger Rocker-Kriegs: Im Juni 2016 kam es auf der Eisenbahnstraße zum tödlichen Showdown zwischen Hells Angels und United Tribuns (UT). Knapp neun Jahre später wurden nun die Strafverfahren zum Auslöser des Gewaltexzesses klammheimlich eingestellt.

Nach den tödlichen Schüssen auf ihren Club-Bruder Veysel A. (†27) zogen die UT-Rocker um Sooren O. (40, mit Plakat links) in einem Trauermarsch durch den Eisenbahnstraßen-Kiez.  © dpa/Peter Endig

Es ging um Gebietsansprüche: Nachdem UT-Rocker auf der Eisenbahnstraße ein Mitglied der Hells Angels zusammengeschlagen hatten, wollte der damals in Leipzig dominierende Rockerclub im Migranten-Kiez Farbe zeigen. Rund 15 Höllenengel begaben sich am 25. Juni 2016 ins "Feindesland" und platzierten sich auf einem Bistro-Freisitz.

Die rot-weißen Rocker wähnten die schwarz-weiße Konkurrenz bei einem Club-Treffen in Franken. Doch die Tribuns steckten noch nahe Leipzig im Stau und wurden von Spähern informiert, was gerade in "ihrem" Kiez vor sich geht.

Eine Stunde später waren sie zurück und formierten sich zum Showdown. In einem Zeugenvideo ist zu sehen, wie mehr als ein Dutzend UT-Rocker unter Führung ihres Vizepräsidenten Sooren "Der Perser" O. (40) schnellen Schrittes auf die Hells Angels zugehen.

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Ein Karatekick des Persers leitet das tödliche Duell ein. Kurz darauf fallen Schüsse, sinkt der UT-Anwärter Veysel A. (†27) getroffen zu Boden. Wenig später ist der Kurde tot.

Während vier Hells Angels, darunter Todesschütze Stefan S. (39), im Juni 2019 wegen gemeinschaftlichen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt wurden, lässt sich die Justiz bei den anderen Beteiligten bis heute Zeit.

Und nun die Überraschung: Der Angriff der United Tribuns und der auslösende Karatekick bleiben ungeahndet!

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Leipziger Rockerverfahren: Deal für die acht Angeklagten

Die Sekunden nach den Schüssen im Augenzeugenvideo: Auf der Straße liegt der sterbende UT-Rocker, Hells Angels rennen hinter den fliehenden Kontrahenten her.  © privat

Wie TAG24 vom Landgericht erfuhr, gab es zwischen Verteidigern, Staatsanwalt und Richtern einen Deal, der im April in der vorläufigen Verfahrenseinstellung gegen die acht angeklagten UT-Rocker mündete.

Sooren O. und seine Getreuen müssen demzufolge bis Oktober zusammen 13.500 Euro an ein Kinderheim, die Kinderarche und den Arbeiter-Samariter-Bund zahlen - dann werden ihre Verfahren komplett eingestellt.

Die Schwere der Schuld stehe einer Verfahrenseinstellung nicht entgegen, erklärte ein Gerichtssprecher auf TAG24-Anfrage. Der Deal ist zudem als Tribut der Justiz an die überlange Verfahrensdauer zu werten. Die Anklage lag seit 2020 bei Gericht, zweimal platzten angesetzte Prozesse wegen Erkrankung von Richtern.

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Auch im noch immer nicht abgeschlossenen Verfahren gegen zwölf beteiligte Hells Angels deutet sich ein Deal an. Seit nunmehr fast neun Jahren ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen die Ex-Member des inzwischen aufgelösten Club-Charters. Wie aus Justizkreisen zu erfahren war, soll die Staatsanwaltschaft nicht mehr am Vorwurf des gemeinschaftlichen Mordes festhalten, sondern deren passive Beteiligung als schweren Landfriedensbruch sehen.

Schwer bewaffnete Polizisten nehmen nach der Auseinandersetzung Rocker der Hells Angels fest.  © Ralf Seegers

Ausschlaggebend dafür sind neue Aussagen von drei der bereits verurteilten Hells Angels, die im Knast ihr Schweigegelübde brachen. "Diese Aussagen stellen die im ersten Prozess angenommene gemeinsame Mord-Planung in Zweifel", sagte ein involvierter Jurist TAG24. Aktuell würden hinter verschlossenen Türen die Möglichkeiten einer Verfahrenseinstellung ausgelotet.

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