Leipziger Mordprozess vor dem Ende: Ein tödlicher Kopfschuss, der sich nicht erklären lässt

Leipzig - Eiskalter Mord oder doch nur fahrlässige Tötung: Im Prozess um den gewaltsamen Tod des 19-jährigen Jesse L. auf einem Feldweg bei Leipzig ist nach sieben Monaten die Beweisaufnahme abgeschlossen worden. Doch das Geschehen lässt sich womöglich gar nicht aufklären.

Max D. (20) wird in den Gerichtssaal geführt. Die Verantwortung für Jesses Tod tragen zu müssen, werde ihn sein Leben lang begleiten, sagte er in seinem letzten Wort.
Max D. (20) wird in den Gerichtssaal geführt. Die Verantwortung für Jesses Tod tragen zu müssen, werde ihn sein Leben lang begleiten, sagte er in seinem letzten Wort.  © Ralf Seegers

Für Staatsanwalt Torsten Naumann scheint der Fall klar: Jesse sei von seinem Kumpel Max D. (20) im Vorfeld eines Drogengeschäftes aus Habgier auf den Feldweg gelockt und dann heimtückisch erschossen worden.

Somit habe er sich in den Besitz einer Sporttasche mit fünf Kilo Marihuana bringen wollen, um mit dessen Verkauf seine immensen Schulden abzubauen, so die Version des Anklagevertreters.

Naumann forderte eine Verurteilung des Pianisten wegen Mordes - mit besonderer Schwere der Schuld - zu zwölf Jahren Jugendhaft.

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Warum hätte der verschuldete Max D. den einzigen Mann umbringen sollen, der ihm noch Drogen zum Verkaufen besorgen konnte, fragte hingegen Verteidiger Christian Friedrich.

Und formulierte einen der markantesten Widersprüche in dem Kriminalfall knallhart: "Der Angeklagte hat von einem lebenden Jesse mehr als von einem toten Jesse."

Mord oder Unfall - Kriminaltechniker untersuchen die Stelle, wo der erschossene Jesse (19) gefunden wurde.
Mord oder Unfall - Kriminaltechniker untersuchen die Stelle, wo der erschossene Jesse (19) gefunden wurde.  © Silvio Bürger

Urteil gegen Max D. soll am Freitag fallen

Den Ausführungen der Verteidigung zufolge sei der Kopfschuss kein Mord, sondern ein Unfall gewesen. Um den geplanten Drogendeal abzusichern, habe Jesse eine Pistole dabeigehabt und diese dem Angeklagten übergeben. Bei einer Zielübung habe Max D. die Waffe dann zu fest umklammert, sodass sich ein Schuss löste.

Tatsächlich war an der knapp 80 Jahre alten Weltkriegspistole die Sicherung defekt, wie ein Gutachter später festgestellte. Allerdings ließ sich die vom Angeklagten geschilderte Unfall-Version nach gerichtlicher Rekonstruktion nicht mit der Lage des Schusskanals überein bringen.

Auch nach siebenmonatiger Beweisaufnahme bleibt ein Großteil der Umstände des tragischen Todes von Jesse im Dunkeln.

Am morgigen Freitag will das Leipziger Landgericht ein Urteil verkünden.

Titelfoto: Ralf Seegers

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