Prozess zum Magdeburg-Anschlag: Taleb A. sprach von "sterben oder umbringen"
Magdeburg - Der letzte Tag vor der Weihnachtspause: Im Prozess gegen den Todesfahrer vom Magdeburger Weihnachtsmarkt rückte sein Berufsleben in den Fokus. Doch der Angeklagte fehlte im Prozess.
Der Angeklagte Taleb A. ist derzeit verhandlungsunfähig und konnte deshalb nicht am Prozesstag teilnehmen. Deswegen war der 13. Verhandlungstag gespickt von Unterbrechungen und Beratungen.
Der Gesundheitszustand von Taleb A. ließe derzeit zu wünschen übrig. Einige Symptome würden laut eines Sachverständigen auf Nierenversagen und somit auf Lebensgefahr hinweisen.
Die gesundheitlichen Mängel entstanden wohl durch den wochenlangen Hunger- und Durststreik des Angeklagten.
Trotz allem wurden am Donnerstag noch drei Zeugen verhört. Zwei Männer - ein Vorgesetzter und ein Kollege von Taleb A. - sagten über sein Benehmen als Facharzt für Psychologie im Maßregelvollzug Bernburg aus. Schlussendlich erstattete eine Ärztin Bericht über eine getötete Frau.
TAG24 war vor Ort und berichtete live. In diesem Artikel könnt Ihr den kompletten Verhandlungstag nachlesen.
15.35 Uhr: Prozess bis Januar beendet
Die Verteidigung reicht zum Ende des Prozesstages einen Beweisantrag ein. Es betrifft den Beschluss, dass Taleb A. selbst für seine Verhandlungsunfähigkeit verantwortlich sei und deshalb nicht am Prozess teilnehmen muss.
Damit beendet Richter Dirk Sternberg den Verhandlungstag. Der Prozess wird erst am 8. Januar 2026 fortgeführt. Ob der Angeklagte dann wieder teilnehmen kann, ist unklar.
15.15 Uhr: Ärztin berichtet von Todesopfer
Eine 58-jährige Ärztin aus Magdeburg sagt nach einer kurzen Pause zu einer Toten des Anschlags aus.
Die Betroffene wurde demnach am Anschlagsabend mit einem gebrochenen Becken und einer gequetschten Lunge eingeliefert. Sie wurde links vom Todeswagen erwischt, schildert die Ärztin.
Zunächst wurde die Frau operiert und erholte sich etwas, klagte aber plötzlich über Atemnot , brach zusammen und musste schließlich sogar "über mehrere Stunden" wiederbelebt werden. Sie starb schließlich an multiplem Organversagen.
14.52 Uhr: Kollege kritisiert nicht ernstgenommene Auffälligkeiten vor Anschlag
In der Vorweihnachtszeit 2024 führten die Inhaftierten des Maßregelvollzugs Bernburg ein Theaterstück auf, was auch der Angeklagte freudig mit verfolgte, erinnert sich der Zeuge.
"Er war da so vergnügt und ausgelassen, wie er es nie gewesen ist. Da dachte ich, vielleicht ist er über den Berg", schildert der 37-jährige Psychologe. "Aber dem war ja nicht so."
Er kritisiert, dass die Auffälligkeiten, die er den Vorgesetzten gemeldet hatte, nicht so ernstgenommen wurden, wie der Zeuge gehofft hätte. Der 37-Jährige habe Angst um A.'s Patienten gehabt.
14.32 Uhr: Arbeitskollege dachte, Taleb A. sei suizidgefährdet
Nach ausführlichen Nachfragen wird zum nächsten Zeugen übergeleitet. Der 37 Jahre alte Psychologe arbeitete ab Sommer 2023 mit Taleb A. im Maßregelvollzug Bernburg zusammen.
Im August 2024 bemerkte der Zeuge nach eigenen Aussagen Auffälligkeiten an dem Angeklagten und meldete diese. Beispielsweise schrie der 51-Jährige vor den Augen des Zeugen "Ich befinde mich in einem Krieg und es gibt zwei Wege: sterben oder umbringen".
Sowohl der 37-Jährige als auch eine Kollegin, die den Vorfall ebenfalls bemerkte, wurden durch die Aussage sehr verstört. Der Psychologe nahm damals an, dass Taleb A. suizidgefährdet sein könnte.
Der Angeklagte hätte mit "Wahnsinn, Belastung und Aggressivität" zu kämpfen gehabt. Wäre Taleb A. ein Inhaftierter gewesen, "hätte ich ihn festgenagelt", erläutert der Psychologe direkt.
13.34 Uhr: Ehemaliger Vorgesetzter spricht von Taleb A.'s Arbeit
Ein 48 Jahre alter Psychiater, der der ehemalige Vorgesetzt des Angeklagten war, sagt jetzt als Sachverständiger aus. Er erläutert, dass Taleb A. in 2020 als Facharzt für Psychotherapie über eine Jobvermittlung in den Maßregelvollzug Bernburg kam.
Während seiner Arbeitszeit gab es zahlreiche Beschwerden gegen den Angeklagten aufgrund seiner fachlichen Eignung. In 2023 änderte sich dann das Verhalten des Todesfahrers. Er habe sich öfter krank gemeldet, fehlte oft und verstrickte sich in Lügen.
Der 48-jährige Zeuge habe Personalgespräche mit Taleb A. geführt und zwischenzeitlich seine Kündigung angestrebt, betont aber, dass er den Angeklagten immer als freundlich und zurückhaltend empfunden habe.
Auch schrieb Taleb A. lange E-Mails an seinen Vorgesetzten mit Vermutungen, von der saudischen Regierung verfolgt zu werden. Zeitweise habe der Psychiater eine "wahnhafte Erkrankung" vermutet. Die Mails habe der Zeuge direkt nach dem Anschlag an die Polizei übermittelt.
13.19 Uhr: Erster Zeuge sagt aus
Taleb A.'s Rechtsanwalt Breiter verkündet nach der Pause, aufgrund der "dünnen Aussagen der Ärzte" Rechtsmittel gegen den Beschluss der Kammer einlegen zu wollen.
Richter Sternberg nimmt dies zur Kenntnis, setzt die Verhandlung aber dennoch fort und ruft jetzt den ersten Zeugen des Tages auf.
12 Uhr: Verhandlung wird ohne Taleb A. fortgesetzt
Nach einer langen Unterbrechung verkündet Richter Dirk Sternberg den Beschluss, dass die Verhandlung auch ohne die Anwesenheit des Angeklagten weitergeführt wird.
Seine Verhandlungsunfähigkeit sei "vorsätzlich und schuldhaft herbeigeführt" worden, um die Verhandlungen zu behindern, ist sich die Kammer sicher. Die gesundheitlichen Mängel des Angeklagten seien ausschließlich auf seinen Hunger- und Durststreik zurückzuführen.
Taleb A.'s zwei Rechtsanwälte sind dennoch vor Ort und wollen sich in der Mittagspause beraten. Der Prozess pausiert bis 12.45 Uhr.
11.15 Uhr: Kann der Prozess ohne Taleb A. weitergeführt werden?
Während noch besprochen wird, ob der Prozess ohne den Angeklagten fortgesetzt werden kann, informiert Gerichtssprecher Christian Löffler die Presse über die Hintergründe der Beratungen.
Demnach könne der Prozess nur dann ohne Taleb A. fortgeführt werden, wenn er selbst für seine Verhandlungsunfähigkeit verantwortlich ist. Dafür muss eindeutig geklärt werden, ob allein sein Hungerstreik Grund für seinen schlechten Gesundheitszustand ist.
Der Angeklagte hat eine Anwesenheitspflicht für den kompletten Prozess.
10.51 Uhr: Prozess weiter unterbrochen
Nach einer 40-minütigen Pause kehren die Geschworenen in den Saal zurück. Richter Dirk Sternberg verkündet, dass in der Pause erneut Kontakt mit dem JVA-Arzt aufgenommen wurde.
Der Arzt betone, dass der geschwächte Zustand des Angeklagten ausschließlich auf die Nahrungsverweigerung zurückzuführen ist. Breiter kritisiert dies erneut und der Prozess wird wieder unterbrochen.
10.12 Uhr: Prozess pausiert
Richter Dirk Sternberg kündigt eine 15-minütige Pause an.
Es soll in der Pause besprochen werden, ob der Prozess auch ohne die Anwesenheit des Angeklagten fortgesetzt werden kann.
10.11 Uhr: Unklar, ob Taleb A. wieder verhandlungsfähig sein wird
Taleb A.'s Rechtsanwalt Breiter befragt den Rechtsmediziner und kritisiert, dass er sich lediglich auf eine Stellungnahme eines anderen Arztes beziehen würde und den Angeklagten selbst nicht untersucht habe.
Breiter fragt, ob es nicht möglich sei, dass der Schwächeanfall des 51-Jährigen auf andere Ursachen zurückzuführen sein könnte. So gäbe es derzeit wohl mehrere Fälle von Corona in der JVA.
Der 55-jährige Rechtsmediziner stellt klar, dass dies nicht ausgeschlossen werden könne, er die Einschätzung des JVA-Arztes aber für plausibel hält.
Abschließend erläutert er, dass er nicht abschätzen könne, ob der Angeklagte künftig wieder verhandlungsfähig sein wird.
10 Uhr: Rechtsmediziner sagt zum Gesundheitszustand von Taleb A. aus
Ein 55 Jahre alter Rechtsmediziner sagt jetzt zum Gesundheitszustand von Taleb A. aus.
Der Mann schätzt ein, dass die jetzigen Symptome auf ein Nierenversagen und somit auf eine akute Lebensgefahr hinweisen würden. Neben Müdigkeit und Schlappheit habe der Angeklagte Wortfindungsstörungen und Aufmerksamkeitsprobleme.
9.51 Uhr: Angeklagter nimmt nicht am Verhandlungstag teil
Wie Richter Dirk Sternberg jetzt mitteilt, wird der Angeklagte nicht am heutigen Prozess teilnehmen.
Nach Einschätzungen eines JVA-Arztes ist der 51-Jährige nicht verhandlungsfähig. Taleb A. verweigert seit Wochen Nahrung und seit einige Tagen auch Wasser. Er habe seitdem stetig abgenommen und wiege nur noch knapp 47 Kilo.
Sein Gesamtzustand habe sich so sehr verschlechtert, dass er nur bedingt transportfähig sei, heißt es. Trotz dem Rat der Ärzte verweigert Taleb A. weiterhin jegliche Nahrungszufuhr.
9.36 Uhr: Prozesstag beginnt
Es ist der letzte Prozesstag vor der langen Weihnachtspause. Dennoch ist der Zuschauerraum wieder voll besetzt.
Eigentlich soll der Angeklagte Taleb A. (51) um kurz vor halb zehn in den Saal geführt werden, doch seine Ankunft verzögert sich um einige Minuten. Der Grund dafür ist unklar.
7 Uhr: Ehemalige Kollegen des Angeklagten erwartet
Am 13. und letzten Prozesstag vor der Weihnachtspause werden noch drei Zeugen erwartet.
Sowohl der ehemalige ärztliche Leiter als auch ein Mitarbeiter des Maßregelvollzugs Bernburg, wo der Angeklagte Taleb. A zuletzt arbeitete, werden vor Gericht aussagen. Zudem sollen ein rechtsmedizinischer Sachverständiger und eine behandelnde Ärztin einige Fragen zu einer Toten klären.
Der Prozess beginnt voraussichtlich 9.30 Uhr.
Titelfoto: Klaus-Dietmar Gabbert/dpa
