Lokführer offenbart Details über Zugunglück in Garmisch-Partenkirchen: "Wie ein Erdbeben"

Von Britta Schultejans

München - Im Prozess um das Zugunglück von Garmisch-Partenkirchen mit fünf Toten hat der Lokführer am Donnerstag geschildert, wie er das Unglück erlebt hat. Dabei kamen neue Details ans Licht.

Die zwei beschuldigten Bahnmitarbeiter (links und 2. von rechts) stehen vor Prozessbeginn im Gerichtssaal des Landgerichts München II.
Die zwei beschuldigten Bahnmitarbeiter (links und 2. von rechts) stehen vor Prozessbeginn im Gerichtssaal des Landgerichts München II.  © Peter Kneffel/dpa

"Das kann man sich vorstellen wie ein Erdbeben", sagte der 35-Jährige als Zeuge vor dem Landgericht München II.

Plötzlich habe sein Fahrzeug "einen Schlag nach rechts, einen Schlag nach links" gemacht. Das habe ihm "im Prinzip den Sitz unterm Arsch weggezogen".

"Es gab eine Riesen-Staubwolke", sagte der Mann. "Dann hab ich meinen Notruf abgesetzt."

Lokführer sah eine Auffälligkeit am Gleis

Kurz vor der Entgleisung habe er noch eine "Auffälligkeit" an den Gleisen gesehen. "Für mich sah es aus wie ein langgestrecktes Fragezeichen." Er habe eine Schnellbremsung einleiten wollen, aber das sei zu spät gewesen. "Ich kam nicht mehr dazu."

Ursache des Zugunglücks waren Gutachten zufolge marode Betonschwellen. Wegen chemischer Reaktionen im Inneren des Stahlbetonkerns waren die Schwellen nicht mehr tragfähig genug.

Auf der Anklagebank sitzen ein Fahrdienstleiter und ein Bezirksleiter Fahrbahn. Die Staatsanwaltschaft München II wirft ihnen fahrlässige Tötung und fahrlässige Körperverletzung vor. Sie ist überzeugt, dass die Angeklagten das Unglück mitverursacht haben.

Es gab Hinweise, dass die Gleise an der späteren Unfallstelle problematisch waren. Am Abend vor dem Unglück erhielt der Fahrdienstleiter einen Funkspruch, in dem von Unregelmäßigkeiten am Gleis die Rede war.

Da sei ein "Schlenker" drin, der Zug "hüpfe". Der Angeklagte sagte, er gebe das weiter – das geschah aber nicht.

Bei dem Zugunglück in Garmisch-Partenkirchen starben fünf Menschen.
Bei dem Zugunglück in Garmisch-Partenkirchen starben fünf Menschen.  © Angelika Warmuth/dpa

Schaden am Gleis in Garmisch sei größer gewesen

Auch der Lokführer schilderte einen oft problematischen Zustand der Schienen. "Ich hab mich für den Beruf entschieden und da muss ich mit dem Anlagenzustand klarkommen", sagte er. Er sei Quereinsteiger mit einer Ausbildung von achteinhalb Monaten und habe "von Gleisbau keine Ahnung".

Unregelmäßigkeiten im Schienennetz seien keine Seltenheit. "Diese latenten, kleinen Sachen – da kann ich alle zwei Kilometer melden." Der Schaden, der ihm in Garmisch aufgefallen sei, sei aber größer gewesen.

Nach Angaben des Lokführers hätte er ihn gemeldet, hätte er die Gelegenheit dazu noch gehabt. Bei einer Schnellbremsung geschehe eine solche Meldung ohnehin.

Titelfoto: Montage: Peter Kneffel/Angelika Warmuth/dpa

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