Wie eine Sexpuppe benutzt und gefilmt: Neuneinhalb Jahre Haft nach Kindesmissbrauch für 78-Jährigen

Von Elke Richter

München - Jahrelang missbrauchte ein Deutscher die Nichte seiner Partnerin in Brasilien. Jetzt hat das Landgericht München I den 78-Jährigen zu neuneinhalb Jahren Haft verurteilt.

Der 78-Jährige (r) missbrauchte die Nichte seiner Partnerin.
Der 78-Jährige (r) missbrauchte die Nichte seiner Partnerin.  © Leonie Asendorpf/dpa

Der Mann habe die Nichte seiner damaligen Partnerin erniedrigt und wie eine lebende Sexpuppe benutzt, bilanzierte die Strafkammer nach Angaben eines Gerichtssprechers.

Sie sprach den Mann auch des sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen in 22 Fällen sowie des Besitzes von kinderpornografischen Inhalten schuldig.

Dem Urteil zufolge hatte der Angeklagte, der im Tatzeitraum in Brasilien lebte, ab November 2019 das zunächst noch elfjährige brasilianische Mädchen in mindestens 22 Fällen massiv sexuell missbraucht und seine Taten jeweils auf Video aufgezeichnet.

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Weitere angeklagte Taten, die bis zum Alter von sechs Jahren des Mädchens zurückreichten, konnten nicht eindeutig nachgewiesen werden.

Angeklagter habe elfjährige Nichte "nicht als Kind gesehen"

"Sie waren ein Abenteurer, als es diesen Begriff noch gegeben hat. Dokumentarfilmer, Forscher, Kosmopolit", sagte der Richter zum Angeklagten. Er sei auch ein sorgender Vater und Partner gewesen. "Und jetzt, am Ende dieses erfüllten Lebens, verschwindet das alles im Nebel und was bleibt ist: Der alte Deutsche, der im Amazonasgebiet jahrelang ein kleines Mädchen missbraucht hat."

Die Aufklärung des Falles sei einer Journalistin zu verdanken, hob Matthias Braumandl zudem hervor. Der Angeklagte, der dem psychiatrischen Gutachten zufolge nicht pädophil ist, hatte sich im Prozess mit den "Gepflogenheiten" in Brasilien verteidigt, wo Kindesmissbrauch an der Tagesordnung sei. "Ich hab sie einfach nicht als Kind gesehen."

Der Fall schlug auch hohe Wellen in den brasilianischen Medien. Dort wurde dem Mann vorgeworfen, seine Arbeit als Reiseveranstalter genutzt zu haben, um seinen Kunden bei Schiffstouren auf dem Amazonas und durch den Dschungel den Missbrauch von Minderjährigen zu ermöglichen.

Der Angeklagte versteckte sich beim Prozess-Auftakt hinter einem Ordner.
Der Angeklagte versteckte sich beim Prozess-Auftakt hinter einem Ordner.  © Leonie Asendorpf/dpa

Täter dokumentierte seine Taten, weil er "die Nase voll hatte von den Pornos im Internet"

In dem Münchner Prozess ging es aber nur um die Nichte seiner damaligen Lebensgefährtin. Den jahrelangen Missbrauch des Kindes räumte der Angeklagte grundsätzlich ein. Das in schwierigsten sozialen Verhältnissen aufgewachsene Mädchen ist heute 17 Jahre alt. Es war dem Deutschen von seinem Bruder und seiner teils im Gefängnis sitzenden Mutter gegen Zahlung von Geld überlassen worden.

Die kaum zu beschreibenden Taten sind gut dokumentiert, weil der frühere Dokumentarfilmer viele von ihnen im Video festhielt - "weil ich die Nase voll hatte von den Pornos im Internet, weil da nichts dabei war, was mich angesprochen hat", wie er zu Prozessbeginn sagte.

Der Angeklagte beklagte im Prozess zudem, mit einem Video von seinen Taten von der Familie erpresst worden zu sein.

Das kommentierte der Richter lapidar: "Wenn man nicht erpresst werden möchte, empfiehlt es sich halt auch, keinen Sex mit Kindern zu haben." Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Titelfoto: Leonie Asendorpf/dpa

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