Vorbereitung schwerster Straftaten? Prozess gegen mutmaßliche "Knockout 51"-Mitglieder

Jena/Erfurt - Sie sollen sich auf Auseinandersetzungen mit Linken und der Polizei vorbereitet und Waffen besorgt haben: Nun müssen sich vier Männer, die Gründer der Neonazi-Gruppe "Knockout 51" gewesen sein sollen, vor dem Oberlandesgericht Jena verantworten.

Die Gruppe soll auch versucht haben, in Eisenach einen "Nazi Kiez" zu schaffen und sich als Ordnungsmacht zu etablieren. (Archivbild)
Die Gruppe soll auch versucht haben, in Eisenach einen "Nazi Kiez" zu schaffen und sich als Ordnungsmacht zu etablieren. (Archivbild)  © Martin Wichmann TV/dpa

Als die Polizei im April 2022 zu einem großangelegten Schlag gegen die rechtsextreme Szene in elf Bundesländern ausholte, war ein Schwerpunkt der Aktion das thüringische Eisenach.

Damals wurden vier mutmaßliche Rechtsextremisten festgenommen, sie sitzen seither in Untersuchungshaft. Vor dem Thüringer Oberlandesgericht in Jena beginnt am Montag (21. August) der Prozess gegen die vier Männer, die zwischen 1998 und 2002 geboren wurden.

Der Generalbundesanwalt wirft ihnen vor, Mitglieder der rechtsextremen Gruppierung "Knockout 51" gewesen zu sein und als solche insbesondere im Raum Eisenach schwere und schwerste Straftaten vorbereitet zu haben.

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Nach früheren Angaben des Generalbundesanwalts handelt es sich bei "Knockout 51" nicht nur um eine rechtsextreme Kampfsportgruppe. "Spätestens seit April 2021 erstreckte sich das Ziel der Vereinigung auf die Tötung von Personen der linksextremen Szene", hieß es vor einigen Wochen vom Generalbundesanwalt.

Strenge Sicherheitsvorkehrungen

Vor dem Gerichtssaal wird es den Angaben nach umfangreiche Kontrollen geben. (Symbolbild)
Vor dem Gerichtssaal wird es den Angaben nach umfangreiche Kontrollen geben. (Symbolbild)  © Bodo Schackow/dpa

Aus Sicht des Generalbundesanwalts haben die Ermittlungen ergeben, dass die Vorbereitungen für derlei Straftaten bereits sehr konkret waren.

Zwei der Angeklagten stehen im Verdacht, sich bereits verbotene Waffen und Waffenteile besorgt zu haben. Die Gruppe soll auch versucht haben, in Eisenach einen "Nazi Kiez" zu schaffen und sich als Ordnungsmacht zu etablieren. Dazu soll sie etwa "Kiezstreifen" durchgeführt und Veranstaltungen der NPD gesichert haben.

Wie die vier Angeklagten sich zu den Vorwürfen verhalten beziehungsweise, ob sie vor Gericht schweigen wollen, ist derzeit unklar. Entsprechende Anfragen der Deutschen Presse-Agentur an ihre Verteidiger blieben bislang unbeantwortet.

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Den vier Männern werden mehrfache gefährliche Körperverletzung, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und Verstöße gegen das Waffenrecht vorgeworfen.

Wenn das Verfahren nun vor dem Oberlandesgericht beginnt, wird es nach Angaben eines Sprechers des Gerichts unter strengen Sicherheitsvorkehrungen stattfinden.

König-Preuss erwartet nicht nur Aufklärung der zur Last gelegten Taten

Die Thüringer Landtagsabgeordnete Katharina König-Preuss (45, Linke) kritisiert das Vorgehen gegen Rechtsextremisten. (Archivbild)
Die Thüringer Landtagsabgeordnete Katharina König-Preuss (45, Linke) kritisiert das Vorgehen gegen Rechtsextremisten. (Archivbild)  © Martin Schutt/dpa-Zentralbild/dpa

Es werde vor dem Gerichtssaal umfangreiche Kontrollen geben, sagte er. Weil das Interesse an dem Prozess bundesweit groß ist, hat das Gericht zudem einen eigenen Raum für Journalisten eingerichtet, in den übertragen wird, was im Gerichtssaal gesprochen wird.

Groß sind die Erwartungen auch bei denen, die sich seit Jahrzehnten gegen Rechtsextremismus engagieren. Sie erwarte, dass in diesem Prozess nicht nur die Taten aufgeklärt würden, die den Angeklagten zur Last gelegt werden, sagte etwa die Thüringer Linke-Landtagsabgeordnete Katharina König-Preuss (45), die als eine der besten Kennerinnen von rechtsextremen Netzwerken bundesweit gilt.

Wichtig sei, auch die Verbindungen der Angeklagten zu anderen, teilweise bereits verbotenen Neonazi-Strukturen wie etwa "Combat 18" oder "Blood and Honour" zu beleuchten. "Wenn das geschieht, besteht die Chance, mehr aufzudecken, als bereits bekannt ist", sagte sie.

Gleichzeitig betonte König-Preuss, wie sehr die Vorgeschichte des nun beginnenden Prozesses aus ihrer Sicht ein Beispiel dafür ist, dass Polizei und Justiz in Thüringen nicht entschieden genug gegen Rechtsextremisten vorgehen. Dass der nun beginnende Prozess auf Ermittlungen des Generalbundesanwalts gegen "Knockout 51" fuße, zeige die zu große Zurückhaltung der Behörden im Freistaat, sagte sie.

Prozesstermine bis März 2024

"Große Teile der Informationen, die den Generalbundesanwalt zum Handeln gebracht haben, lagen schon lange vor – aber es wurde in Thüringen nicht gemacht, was eigentlich notwendig und möglich war."

Aus ihrer Sicht passe es deshalb auch ins Bild, dass der Generalbundesanwalt "Knockout 51" in seiner Anklage als terroristische Vereinigung eingestuft hatte, der zuständige Senat des Oberlandesgerichts die Anklage aber nur unter der Maßgabe zugelassen hat, die Gruppe zumindest vorläufig lediglich als kriminelle Vereinigung einzuordnen.

Nach Angaben des Oberlandesgerichts sind derzeit Prozesstermine bis März 2024 vorgesehen.

Titelfoto: Martin Wichmann TV/dpa

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