Tatort Beichtstuhl: Kritik an Beichte für Erstkommunionkinder

München - Vor den bald beginnenden Erstkommunionfeiern müssen die meisten Kommunionkinder zur Beichte - eine Praxis, die vor dem Hintergrund des Missbrauchsskandals in der katholischen Kirche auf Kritik stößt.

Kritik: Der Beichtvater stellt eine Macht-Position dar. Vor allem für Kinder eine einschüchternde Situation. (Symbolbild)
Kritik: Der Beichtvater stellt eine Macht-Position dar. Vor allem für Kinder eine einschüchternde Situation. (Symbolbild)  © Jan Woitas/ZB/dpa

Harald Dreßing hat die Studie geleitet, die sexualisierte Gewalt von Priestern und Diakonen in den deutschen Diözesen untersucht hat.

Die Studie habe gezeigt, dass auch der Beichtstuhl Tatort für Missbrauch gewesen ist, sagte der Leiter des Bereichs Forensische Psychiatrie am Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim.

Die Beichte sei auch genutzt worden, um die Straftaten zu planen und vorzubereiten. "Kinder wurden ausgefragt und als potenzielle Opfer ausgespäht."

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Beim sexuellen Missbrauch gehe es um Macht - und das potenziere sich im Beichtstuhl, wo der Beichtvater die Macht habe, von Sünden loszusprechen. "Das ist eine hochgradig ängstigende Situation."

Dreßing sagte, daraus leite sich auch die grundsätzliche Frage ab, ob Kinder unter 14 Jahren überhaupt beichten sollten. Aus entwicklungspsychologischer Sicht sei die Kinderbeichte kein geeignetes Format.

Pfarreien müssten sich zu einem Schutzkonzept bekennen

Mehrfach wurden Kinder als potenzielle Missbrauchs-Opfer im Beichtstuhl ausgefragt und ausgespäht. (Symbolbild)
Mehrfach wurden Kinder als potenzielle Missbrauchs-Opfer im Beichtstuhl ausgefragt und ausgespäht. (Symbolbild)  © Friso Gentsch/dpa

Kinder könnten im Alter der Erstkommunion - also etwa mit neun Jahren - die Themen Schuld und Sünde noch gar nicht erfassen. Das setze erst mit etwa 14 Jahren ein. So werde die Beichte entweder zum inhaltslosen Ritual - oder schüre Ängste.

Alle Pfarreien müssten sich zu einem Schutzkonzept bekennen, das von der Stabsstelle Prävention auch genehmigt werden musste, betonte Helmut Heiss, Leiter der Fachabteilung Sakramentenpastoral im Erzbischöflichen Ordinariat München-Freising.

Es sei zum Beispiel sinnvoll, dass auch die Möglichkeit zur Beichte in einem nicht-sakralen Raum besteht bei geöffneter Tür. Vertrauenspersonen könnten so in Sicht-, aber nicht in Hörweite bleiben. Das Kind habe auch die Möglichkeit, den Raum zu verlassen, wenn es sich unwohl fühlt.

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"Der Sensibilität der Seelsorgenden gegenüber den Eltern in Bezug auf die Erstbeichte ist sehr groß." Ein Sichtkontakt werde in der Regel immer ermöglicht, wenn dies gewünscht werde.

Bei der Erstkommunion empfangen katholische Kinder zum ersten Mal die heilige Kommunion. Die Kinder sind meist in der dritte Klasse. Gefeiert wird traditionell in den Wochen nach Ostern.

Titelfoto: Jan Woitas/ZB/dpa

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