Nach Gerichtsurteil gegen NPD: Dreht Vater Staat auch der AfD den Geldhahn zu?

Berlin - Am Dienstag entschied das Bundesverfassungsgericht, dass die rechtsextreme NPD-Nachfolge-Partei "Die Heimat" für die nächsten sechs Jahre von der staatlichen Parteienfinanzierung ausgeschlossen wird. Ist diese Entscheidung aus Karlsruhe für die AfD bereits ein kleiner Vorgeschmack?

Das Bundesverfassungsgericht schloss am Dienstag die rechtsextreme Partie "Die Heimat" von der staatlichen Finanzierung aus.
Das Bundesverfassungsgericht schloss am Dienstag die rechtsextreme Partie "Die Heimat" von der staatlichen Finanzierung aus.  © Uli Deck/dpa

"Die Partei 'Die Heimat' missachtet die freiheitliche demokratische Grundordnung und ist nach ihren Zielen und dem Verhalten ihrer Mitglieder und Anhänger auf deren Beseitigung ausgerichtet", urteilte das Bundesverfassungsgericht.

Zuvor hatten Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung auf Grundlage von Artikels 21 Abs. 3 des Grundgesetzes einen entsprechenden Antrag eingereicht.

Die Bundesratspräsidentin Manuela Schwesig (49, SPD) sieht in dieser Gerichtsentscheidung bestätigt, dass "die Instrumente der wehrhaften Demokratie" funktionieren, und befeuert damit gleichzeitig die aktuelle Debatte um ein mögliches AfD-Verbotsverfahren.

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"Nun muss geprüft werden, welche Konsequenzen für die AfD gezogen werden können, die bereits in Teilen als rechtsextrem eingestuft ist", erklärte die Ministerpräsidentin Mecklenburg-Vorpommerns in einer Mitteilung des Bundesrats.

Hat das Urteil auch Konsequenzen für die AfD?
Hat das Urteil auch Konsequenzen für die AfD?  © Uwe Anspach/dpa Pool/dpa

Urteil gegen NPD: klares Signal an Verfassungsfeinde?

Teile der AfD um die Vorsitzenden Tino Chrupalla (48) und Alice Weidel (44) wurden bereits als "gesichert rechtsextremistisch" eingestuft. (Archivbild)
Teile der AfD um die Vorsitzenden Tino Chrupalla (48) und Alice Weidel (44) wurden bereits als "gesichert rechtsextremistisch" eingestuft. (Archivbild)  © Kay Nietfeld/dpa

Angesichts der bundesweiten Protestwelle gegen die AfD, ausgelöst durch auf einem Geheimtreffen diskutierte Deportationspläne, wird das Urteil generell in Bezug auf die Partei um Alice Weidel (44) und Tino Chrupalla (48) diskutiert.

So sprach Bundesinnenministerin Nancy Faeser (53, SPD) von einem "klaren Signal" und betonte indirekt, dass man sich auch ohne Parteienverbote wehren könne: "Unser demokratischer Staat finanziert keine Verfassungsfeinde."

Auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (57, CSU) sieht in dem Urteil eine Art "Blaupause für die AfD": "Unterhalb der Schwelle des schwierigen und langwierigen Verbotsverfahrens gibt es jetzt eine neue Möglichkeit, verfassungsfeindlichen Organisationen den Geldhahn zumindest abzudrehen."

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Im Falle der NPD/Die Heimat lehnte das Bundesverfassungsgericht bereits 2017 ein Parteiverbot ab, da die Partei zu unbedeutend sei, um ihre verfassungsfeindlichen Ziele tatsächlich durchsetzen zu können. Die NPD erhielt bei der letzten Bundestagswahl lediglich 64.574 Zweitstimmen (0,1 Prozent) und hatte seitdem auch gar keinen Anspruch mehr auf staatliche Mittel.

Auch wenn die AfD nach langem Aufwärtstrend in aktuellen Umfragen wieder an Stimmen einbüßt, ist sie hinter der CDU weiterhin zweitstärkste Kraft. Droht nun auch ihr, dass Vater Staat den Geldhahn zudreht?

Staatliche Parteienfinanzierung: 83 Cent für jede Stimme

Die NPD benannte sich im Juni 2023 in "Die Heimat" um. (Archivbild)
Die NPD benannte sich im Juni 2023 in "Die Heimat" um. (Archivbild)  © Stefan Sauer/dpa

Voraussetzung für ein Ende der staatlichen Finanzierung ist laut Artikel 21 Abs. 3 des Grundgesetzes, dass eine Partei nach ihren Zielen oder dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgerichtet ist, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden.

Die AfD-Landesverbände in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen wurden vom Verfassungsschutz bereits als "gesichert rechtsextremistisch" eingestuft, ebenso wie die Jugendorganisation "Junge Alternative" in Sachsen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern.

Im Verfahren gegen "Die Heimat" kam dabei besonders zum Tragen, dass die Partei mit ihrem Ziel einer ethnischen "Volksgemeinschaft" sowohl das Demokratieprinzip als auch die Menschenwürde missachtet, eine Ähnlichkeit zum Nationalsozialismus innehat und weiterhin demokratiefeindliche Veranstaltungen organisiert.

"Sie überschreitet damit die Schwelle vom bloßen Bekenntnis der Ablehnung zur Bekämpfung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung und ist auf deren Beseitigung ausgerichtet", heißt es dazu im Gerichtsurteil. Ob das Verfassungsgericht im Falle eines AfD-Verbotsverfahrens zu einem ähnlichen Schluss kommen würde, ist unklar und wird kontrovers diskutiert.

Sicher ist, dass jeder Partei der Entzug staatlicher Gelder schmerzen dürfte: Parteien, die bei einer Bundestags- oder Europawahl mindestens 0,5 Prozent der Stimmen (bei Landtagswahlen ein Prozent) erhalten, bekommen für jede Stimme 83 Cent. Zusätzlich erhalten sie für jeden Euro, den die Partei durch Spenden oder Mitgliederbeiträge einnimmt, weitere 45 Cent vom Staat.

Titelfoto: Bildmontage: Uli Deck/dpa, Kay Nietfeld/dpa

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