Urteil gefallen: Datenanalyse-Software der Polizei ist verfassungswidrig!

Karlsruhe - Die Regelungen zum Einsatz einer neuartigen Datenanalyse-Software bei der Polizei in Hessen und Hamburg sind in ihrer derzeitigen Form verfassungswidrig. Das gab das Bundesverfassungsgericht am Donnerstag bekannt.

Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe urteilte am Donnerstag, dass eine neue Datenanalyse-Software der Polizei in Hessen und Hamburg verfassungswidrig ist.
Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe urteilte am Donnerstag, dass eine neue Datenanalyse-Software der Polizei in Hessen und Hamburg verfassungswidrig ist.  © Uli Deck/dpa

Eine verfassungsgemäße Ausgestaltung sei aber möglich, sagte der Vorsitzende des Ersten Senats, Gerichtspräsident Stephan Harbarth, bei der Urteilsverkündung in Karlsruhe.

Mit der neuen Analyse-Software für riesige Datenmengen will die Polizei potenziellen Straftätern schneller auf die Spur kommen. Das Programm durchforstet Datenbanken, um Querverbindungen zu entdecken, die den Ermittlern sonst vielleicht nie auffallen würden.

In Hessen, wo die Polizei schon seit 2017 mit der Software arbeitet, bekommt der Gesetzgeber bis spätestens Ende September Zeit, die problematische Vorschrift neu zu regeln. Bis dahin bleibt sie mit deutlichen Einschränkungen in Kraft. In Hamburg wird die Technik noch nicht genutzt, hier erklärte das Gericht den Passus für nichtig.

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Indirekt hat das Urteil auch Auswirkungen auf andere Bundesländer. Nordrhein-Westfalen setzt die Software ebenfalls bereits ein. Bayern arbeitet gerade an der Einführung - als Vorreiter für andere Länder und den Bund.

Der Freistaat hat mit dem US-Unternehmen Palantir einen Rahmenvertrag geschlossen, damit alle anderen Polizeien dessen Programm ohne zusätzliche Vergabeverfahren übernehmen können.

Die Gesellschaft für Freiheitsrechte setzte sich für die Überprüfung ein

Die Überprüfung der neuartigen Software wurde von der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) angestoßen.
Die Überprüfung der neuartigen Software wurde von der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) angestoßen.  © Uli Deck/dpa

In Hessen werden zunächst einmal nur Daten aus Polizeibeständen ausgewertet. In einer der Datenbanken sind allerdings auch Opfer und Zeugen erfasst - oder jemand, der einmal einen Kratzer am Auto zur Anzeige gebracht hat.

Die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF), die die Überprüfung in Karlsruhe angestoßen hatte, hält das für hochproblematisch. Das Programm mache auch vor unbescholtenen Menschen nicht halt. Außerdem sei die Verlockung groß, mit der Zeit auch externe Daten einzuspeisen - etwa aus sozialen Netzwerken.

Eingesetzt wird Hessendata - so der Name des Programms - insbesondere zur Bekämpfung von Terrorismus, organisierter Kriminalität und Kinderpornografie. Bei rund 14.000 Abfragen jährlich arbeiten landesweit mehr als 2000 Polizistinnen und Polizisten mit dem System. Sie sind jeweils nur für ihren Zuständigkeitsbereich freigeschaltet.

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Das Urteil betrifft ausschließlich die Datenanalyse zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten. Als Kläger waren Journalisten, Anwältinnen sowie Aktivisten aufgetreten.

Die GFF hatte im Herbst noch eine dritte Verfassungsbeschwerde wegen der NRW-Software eingereicht. Diese war in dem Verfahren aber nicht mehr berücksichtigt worden.

Titelfoto: Uli Deck/dpa

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