Barber Angels in Leipzig: Hier schneiden coole Rocker Bedürftigen die Haare

Leipzig - In den Räumen der freien evangelischen Gemeinde Leipzig steht ein Rocker in schwarzer Kutte und Ledermontur und schneidet einem Bedürftigen die Haare. Was wie eine Szene aus einem falschen Film klingt, hat sich am Samstag tatsächlich so zugetragen. Die "Barber Angels" waren in der Messestadt.

Bitte lächeln: Die "Barber Angels" hatten am Samstag zum Haarschneide-Termin für bedürftige Menschen in Leipzig geladen.
Bitte lächeln: Die "Barber Angels" hatten am Samstag zum Haarschneide-Termin für bedürftige Menschen in Leipzig geladen.  © Christian Grube

Hinter dem harten Image der Rocker verbirgt sich eine geniale Idee: Bei den "Angels" handelt es sich nicht um eine Bikergang, sondern um Friseure, die ihr Handwerk nutzen, um damit ehrenamtlich Menschen in Not zu helfen. Die schwarzen Kutten und das coole Auftreten dienen dazu, die Hemmschwellen ihrer Gäste abzubauen.

"Friseure in ihren Salons sind zu schick, da würden sich die Leute nicht reintrauen", erklärt Merida (47), die Leiterin der "Angels" in Sachsen. Aus Sicherheitsgründen verwenden die Rocker keine Klarnamen, sondern haben sich Pseudonyme gegeben.

Auch Meridas Titel trifft so nicht ganz zu. Der Biker-Lifestyle wird in der "Barber Angels Brotherhood", so der vollständige Name des Vereins, voll ausgelebt. Merida ist deshalb ein "Zenturio", ein Ableger wie in Sachsen ein "Chapter". "Das Rocker-Image macht es den Menschen leichter, auf uns zuzugehen."

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Die "Barber Angels" wurden 2016 gegründet. Seitdem ist der Verein stetig gewachsen, verfügt mittlerweile sogar über "Chapter" in Spanien, den Niederlanden, der Schweiz oder Österreich. In Sachsen sind die Rocker in Chemnitz, Dresden und Leipzig unterwegs und bieten dort Obdachlosen und Bedürftigen ihre Dienste an.

"Die Gäste kommen rein, werden gewaschen und bekommen ihre Haare geschnitten und die Frauen können sich schminken lassen. Zu guter Letzt gibt es von uns noch einen Goodie-Beutel mit Hygiene-Artikeln und anderen Dingen", so Merida. "Währenddessen wird viel gesprochen, das ist sehr wichtig. Wir hören den Leuten zu, eben wie bei einem Friseurbesuch."

"Wenn du einmal dabei bist, kommst du nicht wieder weg"

Hinter den Rockern verbergen sich Friseure, die ihr Handwerk nutzen, um ehrenamtlich Menschen in Not zu helfen.
Hinter den Rockern verbergen sich Friseure, die ihr Handwerk nutzen, um ehrenamtlich Menschen in Not zu helfen.  © Christian Grube

Für sie sei es immer wieder erstaunlich, die Veränderung in den Menschen nach einem Besuch zu sehen. "Sie haben dann so ein Strahlen in den Augen, haben viel mehr Selbstvertrauen."

Merida ist 2018 der "Brotherhood" beigetreten. Zuvor habe sie bereits in ihrem eigenen Salon bedürftigen Menschen geholfen, ihnen die Haare geschnitten oder Tipps für Bewerbungsgespräche gegeben. "Wenn du einmal dabei bist, kommst du nicht wieder weg", sagt sie heute.

Bereits zum dritten Mal waren die "Angels" am Samstag zu Gast bei der evangelischen Gemeinde Leipzig im Ring-Café. Die Haarschneide-Aktion locke mit jedem Besuch mehr Gäste an. "Im Dezember waren bereits 67 Leute dabei. Diesmal werden es sicherlich noch mehr sein."

Nicht alle "Barber Angels" sind gleich Friseure. "Es gibt auch die Orga-Engel. Sie übernehmen dann den Einlass, kehren und kümmern sich beispielsweise um die Leute", erklärt Merida (47).
Nicht alle "Barber Angels" sind gleich Friseure. "Es gibt auch die Orga-Engel. Sie übernehmen dann den Einlass, kehren und kümmern sich beispielsweise um die Leute", erklärt Merida (47).  © Christian Grube
Zenturio Merida leitet das Sachsen-"Chapter" der "Barber Angels Brotherhood".
Zenturio Merida leitet das Sachsen-"Chapter" der "Barber Angels Brotherhood".  © Christian Grube

Alle drei Monate schauen die Rocker in der Messestadt vorbei. Der nächste Termin soll demnächst bekannt gegeben werden.

Titelfoto: Montage: Christian Grube

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