Nach 60 Jahren: Endgültiges Aus für Leipziger Tatra-Bahnen
Von Lutz Brose
Leipzig - Totgesagte leben länger. Das gilt besonders für die Tatra-Bahnen der Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB). Schon lange sollten die in den ČKD Tatra-Werken in Prag produzierten Straßenbahnen aus dem Stadtbild verschwunden sein. Doch irgendwas war immer.
Nachdem von den LVB mehrere ausgegebene Deadlines ins Leere gelaufen waren, wurde in letzter Zeit auf die Nennung eines Verfallsdatums verzichtet.
Doch jetzt scheinen die Tage der Tschechen-Bimmel tatsächlich gezählt.
Seit 2007 modernisieren die LVB das Netz der Bahnstromversorgung. Dabei wurden und werden Bahnstromkabel und über 40 Unterwerke auf ein neues Versorgungsniveau gehoben und die elektrische Spannung von 600 auf 750 Volt erhöht.
Dadurch werden Verkehrsleistungen verstärkt und durch geringere Leitungsverluste Strom gespart. Das durch Freistaat Sachsen und Zweckverband Nahverkehr geförderte Programm soll 2028 abgeschlossen sein.
Um die Tatras weiterhin betriebsfähig zu halten, müssten die Bahnen umgerüstet werden.
Die Maßnahme wäre aber derart unverhältnismäßig, sodass eine Hassliebe nach rund 60 Jahren endet.
Noch 15 Tatra-Bahnen im Einsatz
Kurz vor dem Jahreswechsel 1968/69 trafen die ersten Tatra-Bahnen in Leipzig ein. Heute haben diese nicht nur bei sogenannten Tram-Spottern Kult-Status erreicht.
Laut l-nv.info wurden bis 1986 insgesamt 600 Triebwagen und 273 Beiwagen nach Leipzig ausgeliefert, die größte jemals an einen deutschen Verkehrsbetrieb ausgelieferte Straßenbahnserie!
Allerdings nicht das einzige Novum. Die Tatra-Bahnen weisen die höchste Einstiegshöhe aller jemals in Leipzig eingesetzten Straßenbahnen auf.
Zudem erwiesen sich die Bahnen vom Typ T4D als Stromfresser. Schon damals mussten die Stromnetze verstärkt werden. Die Straßenbahnlinien nach Engelsdorf und Lieberwolkwitz wurden wegen der hohen Investitionen sogar ganz aufgegeben.
Heute befinden sich noch 15 betriebsfähige und modernisierte Tatra-Wagenzüge im Bestand der LVB, die als Veranstaltungsreserve gehalten, aber auch teilweise im alltäglichen Linienbetrieb einsetzt werden.
Außer den Tatra-Personenwagen verfügen die LVB unter anderem noch über einen offenen Rundfahrt-, einen Fahrschul- sowie einen Schienschleifwagen.
Durch die Insolvenz des Straßenbahnherstellers "Heiterblick" und einer damit vakanten Auslieferungen der XXL-Plus Bahnen, könnte die LVB nach Ausmusterung der Tatras Kapazitätsprobleme bekommen.
Daher dürften schon heute verschiedene Szenarien in der Chef-Etage durchgespielt werden.
Titelfoto: Lutz Brose

