Stadtrat diskutiert: Thomanerchor bald nicht mehr Jungssache?
Leipzig - Mehr als 800 Jahre lang existiert der Thomanerchor mittlerweile in Leipzig. Der Knabenchor gilt als Aushängeschild der Messestadt, hat sich weltweit einen Namen gemacht. Doch nicht jeder Leipziger kann sich heute noch mit der ausschließlich männlichen Zusammensetzung der Thomaner anfreunden.

"Leipzigs Selbstbildnis ist das einer modernen und (welt-)offenen Stadt, allerdings spiegelt sich das nicht in einem seiner absoluten Aushängeschilder – dem Thomanerchor – wider", erklärte Stadtrat Thomas Kumbernuß (Die Partei) in einem Antrag, der nun Leipzigs Ratsversammlung beschäftigte.
Inhalt des Antrags: Die Stadtverwaltung soll den Thomanerchor künftig bei der Suche nach neuen Mitgliedern unterstützen - und das geschlechterübergreifend. Der Fokus solle dabei verstärkt auf weiblichen bzw. weiblich gelesenen Personen liegen.
"Leipzig hat noch eine vermeintlich letzte Bastion [...], die exklusiv männlich gelesenen Personen vorbehalten ist. Dieser Antrag widmet sich dem Thomanerchor mit dem Ziel der Geschlechtergerechtigkeit und der inklusiven Möglichkeit der künstlerischen Teilhabe", so Kumbernuß weiter.
"Zu behaupten, Mädchen sängen schlechter als Jungen, ist Unfug. Sie singen anders, und mit ihren Stimmen würde das Stimmbild des Thomanerchores ein anderes sein. Anders ausgedrückt würde der Thomanerchor endlich im 21. Jahrhundert ankommen."
Stadtrat liefert eindeutige Entscheidung

Dürfen im Thomanerchor künftig also auch Mädchen singen?
"Natürlich könnte man überlegen, nach 800 Jahren den Thomanerchor neu aufzubauen. Die Frage ist, ob die Stadt das will", erklärte Grünen-Stadträtin Annette Körner.
Die Stadt fördere bereits die Schola Cantorum sowie andere gemischte Chöre. Darüber hinaus, hieß es vonseiten der Stadtverwaltung, handle es sich bei dem Knabenchor um ein erhaltenswertes Kulturgut, das zudem unter die Kunstfreiheit falle.
Die Antwort auf Stadträtin Körners Frage fiel letztendlich eindeutig aus: Der Antrag wurde mit großer Mehrheit abgelehnt.
Der Thomanerchor bleibt Jungssache.
Titelfoto: Jan Woitas/dpa