Ukrainer kommen mit Haustieren: Was passiert mit den Tieren in Leipzig?

Von Anke Brod

Leipzig - Seit gut 14 Tagen entfliehen Menschen dem vernichtenden Krieg in der Ukraine. Viele verzichten dabei eher auf Kleidungsstücke und schleppen über Hunderte von Kilometern lieber ihre Haustiere unter Jacken oder auf Schultern mit. Wohin mit den flauschigen Seelentröstern am Ziel?

Aus der Ukraine geflüchtete Menschen vor der Erstaufnahmeeinrichtung in Leipzig-Mockau.
Aus der Ukraine geflüchtete Menschen vor der Erstaufnahmeeinrichtung in Leipzig-Mockau.  © Anke Brod

Es ist ein kalter, sonniger Morgen, als ein erschöpfter Ukrainer vor der Erstaufnahmeeinrichtung im Leipziger Stadtteil Mockau mit seinem Mops auftaucht.

Wenig später erledigt er mit der angeforderten Amtsveterinärin via Dolmetscherin die Formalitäten für seinen treuen Wuffi.

Die Mopsdame darf nämlich nicht mit in die Einrichtung. Sie muss in Quarantäne. Wo sie bis zum freudigen Wiedersehen verbleibt, kann der hagere Mann auf einem Schriftstück nachlesen.

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"Grundsätzlich würden wir die Tiere auch gern bei den Familien belassen, aber sie sind in der Erstaufnahmeeinrichtung des Landes (EAE) nicht erlaubt", berichtete Stadtsprecher David Quosdorf auf TAG24-Anfrage.

Er bedauerte: "Das können wir leider nicht beeinflussen, und es stellt uns langsam ebenfalls vor Herausforderungen."

Die Tierärzte des Veterinär- und Lebensmittelaufsichtsamtes (VLA) kommen bei Bedarf in die Erstaufnahmeeinrichtung. Quosdorf bestätigte: "Wir erklären den betroffenen Flüchtlingen mit Dolmetschern die Situation. Sie erhalten auch persönlich die Dokumentation über den Verbleib des Tieres."

Man gebe über Dolmetscher deutlich zu verstehen, dass die Tiere nicht auf Dauer weggenommen seien.

Bittere Tränen wegen Quarantäne

Viele Geflüchtete bringen ihre Haustiere mit - wie diesen Mops.
Viele Geflüchtete bringen ihre Haustiere mit - wie diesen Mops.  © Anke Brod

Aus Tierschutzkreisen hatte TAG24 zuvor vernommen, dass wegen mangelnden Sprachverständnisses Kinder bei der Trennung von ihren flauschigen Seelentröstern nach all den Fluchtstrapazen bitterlich geweint hätten. Man wünsche sich Infozettel in der Landessprache.

Dazu sagte der Stadtsprecher: "Verständlicherweise ist der ein oder andere aufgrund der grundsätzlichen Lage trotz Kenntnis aller Fakten mit der Situation überfordert und weint. Die Menschen sind bereits lange unterwegs, kommen in der Regel nachts an, und es ist kalt. Da hilft uns kein Merkblatt, sondern nur Einfühlungsvermögen - soweit es aufgrund der Sprachbarriere darstellbar ist."

Genau das schien nach dem Eindruck von TAG24 am Mittwoch in Mockau tatsächlich zu funktionieren.

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Ein weiterer Hoffnungsschimmer: "Das VLA hat angeregt, dass man eine Unterkunft für Geflüchtete findet (Hotel, Pension), in welcher die Tiere mit aufgenommen werden können", so Quosdorf.

Das würde die erforderliche Quarantäne erleichtern und die Frage erübrigen, wie einmal untergebrachte Tiere wieder zurück zu den Flüchtlingen transportiert werden könnten, sobald sie die Unterkunft wechselten. Dafür sei das Land zuständig.

Private Pflegestellen anbieten

Pflegestellen auf unbestimmte Zeit bieten Engagierte zudem privat bei Facebook an, bestenfalls kombiniert mit Wohnraum für den Halter. Zur Quarantäne muss das Gasttier separat untergebracht sein, dem Tierarzt vorgestellt und beim Veterinäramt gemeldet werden. Auch bei Telegram wird Hilfe für Geflüchtete und ihre Tiere vermittelt.

Laut Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft ist die Ukraine bezüglich Tollwut ein nicht gelistetes Drittland mit Einreiseauflagen nach Deutschland. Aktuell aber können ukrainische Haustiere vorübergehend ohne diese Genehmigung mitkommen.

Das Veterinäramt erfasst sie dann hier inklusive Isolierung, Antikörper-Titer Bestimmung, Tollwut-Impfung, Registrierung über Mikrochips und erstellt Heimtierausweise. Das Ministerium bewertet das Risiko einer Tollwut-Einschleppung durch ukrainische Hunde und Katzen als gering.

Viele Tiere bleiben dem Tode geweiht leider auch verzweifelt in verlassenen Häusern zurück. Auch wurden einige ukrainische Tierheime bereits durch Raketen zerstört. Über soziale Netzwerke berichten Helfer Schlimmes. Teils gingen Hunde oder Katzen qualvoll in Flammen zugrunde.

Putins Krieg schafft unermessliches Leid für Mensch und Tier. Humanitäre Helfer und Tierschützer versuchen lokal und über die Landesgrenzen hinaus dennoch bis zur Erschöpfung, Tag für Tag Leben zu retten.

Update, 11.03.2022: Veterinäramt muss private Unterkunft erst prüfen

Auf Anfrage von TAG 24 präzisierte die Stadtverwaltung ihre Informationen zu ukrainischen Haustieren. Das Veterinäramt sei primär nicht für die Unterbringung der Tiere ansich zuständig , so die Auskunft. Dies nur, wenn der Halter in eine Erstaufnahmeeinrichtung gehe.

"Grundsätzlich ist es möglich, dass ukrainische Geflüchtete mit ihren Tieren bei Privatpersonen unterkommen", sagte Stadtsprecher David Quosdorf. Es müsse dann gewährleistet sein, dass diese Tiere bis zum Ablauf einer möglichen Quarantäne getrennt von anderen Tieren des privaten Hausstandes und getrennt von Personen des Hausstandes (Ausnahme natürlich: die Geflüchteten selbst) untergebracht werden könnten, etwa im eigenen Zimmer oder separater Wohnung.

"Es ist zudem notwendig, dass die privat zur Verfügung gestellte Unterkunft, in der sich ein ukrainisches Tier aufhält, vom VLA kontrolliert wird", informierte Quosdorf weiter. Dafür müssten sich entweder die Privatpersonen, die Wohnraum in Leipzig zur Verfügung stellen, oder die Geflüchteten selbst beim Veterinär- und Lebensmittelaufsichtsamt melden. Und zwar, wenn die Familien mit Tieren den Wohnraum bezogen hätten und nicht nur über Nacht blieben.

"Wir vereinbaren dann einen Termin und erläutern in diesem den weiteren Ablauf und notwendige Schritte", erläuterte der Stadtsprecher.

Derzeit sei der Email-Weg der effektivste: veterinaeramt@leipzig.de.

Titelfoto: Anke Brod

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