"Fidelio" am Theater Magdeburg: Kunterbunt, hochaktuell, grandios

Magdeburg - Am Samstagabend feierte die Oper "Fidelio" Premiere am Theater Magdeburg. TAG24 war dabei und kann sagen - es war grandios!

Das Theater Magdeburg feierte am Samstag Premiere von Beethovens "Fidelio".
Das Theater Magdeburg feierte am Samstag Premiere von Beethovens "Fidelio".  © Theater Magdeburg/Nilz Böhme

Mit der letzten Opernpremiere der aktuellen Spielzeit greift sich das Magdeburger Theater "Fidelio", die einzige Oper von Ludwig van Beethoven.

Es geht um Leonore und Florestan, die die Bevölkerung gegenüber der angespannten Weltsituation wachrütteln wollen. Das passt Don Pizarro jedoch gar nicht, der daraufhin Florestan verschleppt. Kurzum fordert er seinen Handlanger Rocco auf, Florestan umzubringen.

Leonore hat sich derweil als Fidelio verkleidet, um sich so in Roccos Familie einzuschleichen und sein Wohlwollen zu gewinnen. Mit seiner Hilfe will sie nun Pizarro zu Fall bringen und Florestan und die anderen Gefangenen befreien. Schaffen sie es?

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Inszeniert wurde das Musikstück von Regisseurin Ilaria Lanzino, die mit ihrer Interpretation das Publikum ganz deutlich daran erinnert, warum sie 2020 mit dem europäischen Opernregie-Preis ausgezeichnet wurde.

Leonore (m., gespielt von Raffaela Lintl) verkleidet sich als Fidelio, um das Wohlwollen von Marzelline (r., gespielt von Na'ama Shulman) und ihrem Vater Rocco (l., gespielt von Johannes Stermann) zu gewinnen.
Leonore (m., gespielt von Raffaela Lintl) verkleidet sich als Fidelio, um das Wohlwollen von Marzelline (r., gespielt von Na'ama Shulman) und ihrem Vater Rocco (l., gespielt von Johannes Stermann) zu gewinnen.  © Theater Magdeburg/Nilz Böhme

Beethovens kontroverse Oper: Klimawandel statt Französische Revolution

Das Bühnenbild schafft Parallelen zwischen der sauberen, wohlhabenden Welt und einem düsteren Gefängnis.
Das Bühnenbild schafft Parallelen zwischen der sauberen, wohlhabenden Welt und einem düsteren Gefängnis.  © Theater Magdeburg/Nilz Böhme

Das Eindrucksvollste zuerst: Das Bühnenbild dieser kunterbunten Oper ist sehr originell. Die Parallelwelt zwischen einer sauberen, aufgeräumten Wohnung, die etwas Kopf steht und dem darunter liegenden, verdreckten Gefängnis.

Martin Hickmann hat für diese grandiose Requisite tief in die Trickkiste gegriffen. Hinzu kommen kunterbunte, cartoon-ähnliche Kostüme, gestaltet von Vanessa Rust, die durch einerseits pralle Farben und klare Schnitte und andererseits dreckigen, blutigen Lumpen den Kontrast zwischen "der einen" und "der anderen" Schicht schön illustrieren.

Lanzino modernisiert die sozialkritische Oper, indem das Stück nicht mehr die Französische Revolution kommentiert, wie noch bei seiner Uraufführung vor über 200 Jahren, sondern sich mit Klimawandel und Erderwärmung befasst.

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Die Regisseurin schafft es, einen glaubhaften Bogen in die Aktualität zu schlagen und jeden Zuschauer damit zu treffen, ohne, dass das Stück jemals zu kitschig oder moralistisch wird.

Ist "Fidelio" am Theater Magdeburg einen Besuch wert?

Florestan (gespielt von Tilmann Unger) wurde gefangen genommen, da er gemeinsam mit Leonore die Gesellschaft wachrütteln wollte.
Florestan (gespielt von Tilmann Unger) wurde gefangen genommen, da er gemeinsam mit Leonore die Gesellschaft wachrütteln wollte.  © Theater Magdeburg/Nilz Böhme

Aber auch die Gesangs- und Schauspielkunst tut ihr Übriges, "Fidelio" zu etwas ganz Einzigartigem im Magdeburger Repertoire zu machen. Die Oper ist durchzogen von gefühlvollen Arien und Duetten, das Ende des ersten und zweiten Aktes verzaubert mit schmetternden Chornummern. An dieser Stelle besonders hervorzuheben ist der Opernchor, der zwar nur spärlich, dafür aber umso eindrucksvoller eingesetzt wird.

Raffaela Lintl als Leonore zeigt nicht nur ihren äußerst kraftvollen Sopran, sondern auch ihr Verständnis für diese verzweifelte und gleichzeitig gutherzige Rolle.

Im Pendant mit Johannes Stermanns Rocco bilden die beiden ein Duo, was nicht nur gesanglich Meisterleistungen abliefert, sondern auch das Herzstück dieses tiefgründigen Musikstückes bildet.

Zwar darf Tilmann Unger als Florestan erst im 2. Akt auf die Bühne, schindet dabei aber mit seinem klaren Tenor tief sitzenden Eindruck bei den Zuschauern, was sie mit Szenenapplaus und stehenden Ovationen am Ende zu belohnen wissen.

Ein hervorragendes Orchester der Magdeburgischen Philharmonie, dirigiert von Generalmusikdirektorin Anna Skryleva, setzt "Fidelio" noch die Krone auf.

Fazit: Am Ende von "Fidelio" überlegt sicherlich der eine oder andere Zuschauer, ob das Theater Magdeburg jemals zuvor so etwas Großartiges gezeigt hat - und überlegt lange. Mit "Fidelio" ist dem Opernhaus ein wahres Meisterstück gelungen, das nicht nur durch großes Können der Sänger, des Chors und des Orchesters überzeugt, sondern auch durch Kostüm, Bühnenbild und einschlägiger Aktualität ein Gesamtpaket an Operngenuss ist, was hoffentlich noch viele weitere hundert Zuschauer begeistern darf.

Weitere Vorstellungen von "Fidelio" findet Ihr im Spielplan des Theaters.

Titelfoto: Bildmontage: Theater Magdeburg/Nilz Böhme

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