"Wolf" am Theater Magdeburg: Roman-Adaption mit starkem Statement - und einmaligem Bühnenbild

Magdeburg - Am Samstagvormittag feierte "Wolf" seine Uraufführung am Theater Magdeburg. TAG24 war vor Ort und prüfte, ob die Roman-Adaption einen Besuch wert ist.

"Wolf" erzählt die Geschichte von einer Jugendgruppe im Feriencamp.
"Wolf" erzählt die Geschichte von einer Jugendgruppe im Feriencamp.  © Theater Magdeburg/Gianmarco Bresadola

Im Rahmen des dreitägigen Theaterfests stand nach der "Blume von Hawaii" auch schon die erste Schauspielpremiere in Magdeburg an. Das Direktionsteam um Clara Weyde schnappte sich dafür den Besteller-Roman "Wolf" von Saša Stanišić (45).

Zum Inhalt: Kemi wird von seinen Eltern ins Ferienlager in den Wald geschickt, und auch obwohl er keine Lust darauf hat, freundet er sich schnell mit dem Außenseiter Jörg an.

Jörg ist ein ruhiger und "andersiger" Junge, auf dem alle anderen herumhacken. "Wolf" thematisiert Mobbing, Freundschaft und wie Menschen im Leben der anderen Spuren hinterlassen.

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Das Skript stammt aus der Feder von den Schauspieldirektoren Clara Weyde und Bastian Lomsché, und setzt mit einem scharfen Kontrast zwischen urkomischen Szenen und ernsten, berührenden Dialogen ein starkes Statement zum Thema Zusammenhalt.

Die Kulisse ist ein großer Pool voller Wasser.
Die Kulisse ist ein großer Pool voller Wasser.  © Theater Magdeburg/Gianmarco Bresadola

Roman-Adaption "Wolf" thematisiert Mobbing, Freundschaft und Zusammenhalt

Kemi hat zwar auf das Lager im Wald keine Lust...
Kemi hat zwar auf das Lager im Wald keine Lust...  © Theater Magdeburg/Gianmarco Bresadola

Jeder, der schon einmal selbst ein Ferienlager besucht hat, ob nun freiwillig oder unfreiwillig, wird an vielen Stellen peinlich berührt lachen müssen - denn egal, ob man vor 30 Jahren oder vor sechs Monaten zuletzt auf Klassenfahrt war, manche Sachen werden sich nie ändern.

Mit einer kindlichen Leichtigkeit schreiben Weyde und Lomsché fast klischeebehaftete, und dadurch witzige Situationen in die Handlung - von einer "gruseligen" Nachtwanderung, der Wahl des richtigen Stockbetts, bis hin zum Besuch im Kletterwald.

Durchzogen wird die Handlung dabei immer wieder mit Momenten, die dem Publikum gekonnt den Teppich unter den Füßen wegreißt. Hat man eben noch über Jörgs exzentrische Erzählungen gelacht, so verschlägt es einem sofort die Sprache, wenn seine Peiniger ihn schubsen oder beleidigen - eine Ode an Situationen, die wahrscheinlich die meisten Zuschauer zu Schulzeiten miterleben mussten. Abgerundet wird die Inszenierung durch die kindliche Sprache und frei erfundenen Wörter, die noch mal jedem verdeutlichen, dass diese Kinder viel zu jung sind, um all das durchstehen zu müssen.

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Die Wölfe, nach denen das Werk benannt wurde, nehmen in der Handlung eine interessante und tiefgründige Rolle ein, auch wenn sie selbst nur selten körperlich zu sehen sind.

Das Bühnenbild ist absolut einmalig: Ein großer schwarzer Pool ist alles, was auf der Bühne zusehen ist. Kleinere schwimmende Requisiten und Lichtinstallationen werden genutzt, um die Szene filigran zu inszenieren.

"Wolf" am Theater Magdeburg: Ist das Stück einen Besuch wert?

...freundet sich aber schon bald mit dem Außenseiter Jörg an.
...freundet sich aber schon bald mit dem Außenseiter Jörg an.  © Theater Magdeburg/Gianmarco Bresadola

Trotz spannender Kulisse muss gesagt sein, dass das schiere Talent der fünf Darsteller auch auf einer komplett leeren Bühne und ohne jegliche Requisiten funktioniert hätte.

Philipp Kronenberg als Kemi und Lorenz Krieger als Jörg bilden ein tolles Duo und spielen die Frustration und gleichzeitig Kindlichkeit der beiden Jungen perfekt.

Es entsteht eine herzerwärmende und unglaublich reale Freundschaftsgeschichte, wie sie universeller und im selben Moment einzigartiger nicht sein könnte. Dabei verstehen es Kronenberg und Krieger, sich nur dann ernst zu nehmen, wenn es angebracht ist, wodurch herzzerreißende Momente und Konfrontationen wie eine Welle über die Köpfe des Publikums schlagen.

Anton Andreew spielt als Marke einen widerlichen Fiesling in einer fast cartoonhaften Manier, Bettina Schneider und Sophia Vogel runden die Besatzung ab und zeigen ihr großartiges Können in aberwitzigen Nebencharakteren.

Saša Stanišić, der sich die Uraufführung am Premierenmorgen selbst angeschaut hat, hatte bestimmt das eine oder andere Tränchen im Auge, seine Figuren so liebevoll zum Leben erweckt zu sehen. Damit wird er nicht allein gewesen sein, denn bei einem so emotionalen Stück kann eigentlich kein Auge trocken und kein Herz unberührt bleiben.

Fazit: Die Moral von "Wolf" ist sehr auf den Punkt gebracht und offensichtlich - doch genau das ist es, was manche Stücke auch machen müssen, damit es auch der letzte versteht. Sicherlich auch für Schulen interessant, thematisiert es Mobbing, Zusammenhalt und Freundschaft - Themen, die aktueller und gleichzeitig allgemeingültiger nicht sein könnten. "Wolf" am Theater Magdeburg platzt aus den Nähten mit kindlichem Charme, witzigen und nachvollziehbaren Momenten und Texten, sowie perfekt geschauspielerten Charakteren und setzt nicht nur ein wichtiges Statement, sondern ist gleich der zweite haushohe Erfolg der neuen Spielzeit.

Weitere Vorstellungen von "Wolf" findet Ihr im Spielplan des Theaters.

Titelfoto: Bildmontage: Theater Magdeburg/Gianmarco Bresadola

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