Urteil in Bayern: Corona-Einreisequarantäne war rechtswidrig!

München - Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat zeitweise geltende Vorgaben des Freistaats zur Quarantäne nach einer Einreise während der Corona-Pandemie für unwirksam erklärt.

Die Verordnung ist laut Urteil auch deshalb unwirksam, weil der für die Einstufung als Risikogebiet maßgebliche Verweis auf die jeweils aktuelle Veröffentlichung des Robert Koch-Instituts gegen das Rechtsstaatsprinzip verstößt.
Die Verordnung ist laut Urteil auch deshalb unwirksam, weil der für die Einstufung als Risikogebiet maßgebliche Verweis auf die jeweils aktuelle Veröffentlichung des Robert Koch-Instituts gegen das Rechtsstaatsprinzip verstößt.  © Philipp Znidar/dpa

Die Einreise aus einem Risikogebiet sei grundsätzlich nicht geeignet, den für eine Quarantäne nach dem Infektionsschutzgesetz erforderlichen Ansteckungsverdacht zu begründen, teilte ein Sprecher zu dem Urteil am Mittwoch in München mit.

Die für unwirksam erklärte bayerische Verordnung wurde am 5. November 2020 erlassen. Sie sah vor, dass Menschen, die nach Bayern einreisen und sich innerhalb von zehn Tagen vor der Einreise in einem Risikogebiet aufgehalten haben, unverzüglich nach der Einreise für zehn Tage in Quarantäne müssen.

Als Risikogebiet stufte die Verordnung Staaten oder Regionen außerhalb Deutschlands ein, für die zum Zeitpunkt der Einreise ein erhöhtes Risiko für eine Infektion mit dem Coronavirus bestand. Maßgeblich für die Einstufung als Risikogebiet war die jeweils aktuelle Veröffentlichung des Robert Koch-Instituts.

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Der Freistaat hat seine Einreisequarantäne-Verordnung laut Gericht auf Grundlage einer Musterverordnung des Bundes erlassen.

Ehepaar aus München hatte gegen Corona-Einreisequarantäne geklagt

Wer aus einem Risikogebiet zurückkam, musste pauschal in Quarantäne. Diese Verordnung wurde nun für rechtswidrig erklärt.
Wer aus einem Risikogebiet zurückkam, musste pauschal in Quarantäne. Diese Verordnung wurde nun für rechtswidrig erklärt.  © Peter Kneffel/dpa

Das Gericht begründete sein Urteil damit, dass es für einen Ansteckungsverdacht, wie ihn die Verordnung zugrunde legte, regelmäßig eindeutige Symptome und eine entsprechende Anamnese oder einen Kontakt mit einer infizierten Person gebraucht hätte.

Die Verordnung sei aber auch deshalb unwirksam, weil der für die Einstufung als Risikogebiet maßgebliche Verweis auf die jeweils aktuelle Veröffentlichung des Robert Koch-Instituts gegen das Rechtsstaatsprinzip verstoße. Denn zum Zeitpunkt des Erlasses der Verordnung habe es an einer gesetzlichen Grundlage für die rechtswirksame Festsetzung von Risikogebieten gefehlt.

Gegen die Regelung geklagt hatte ein Ehepaar aus München, das während der Pandemie eine Reise in eine Region geplant hatte, die als Risikogebiet eingestuft war. Aus ihrer Sicht hat die Einreisequarantäne ihre Freiheitsrechte beschnitten.

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Zudem bemängelten sie eine Ungleichbehandlung mit inländischen Risikogebieten. Bayern habe damals eine höhere Sieben-Tage-Inzidenz gehabt als viele ausländische Risikogebiete. Die Einstufung als Risikogebiet sei deshalb intransparent und nicht nachvollziehbar gewesen, argumentierten sie.

Das Gericht folgte dieser Auffassung nun weitgehend. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung des Falls ließ das Gericht Revision zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig zu.

Titelfoto: Philipp Znidar/dpa

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