Vom Trabi auf Mercedes! Das ändert sich bei der Bergrettung

Notfall-Sanitäter Kaj Jende und Bergwacht-Luftretter Matthias Riffer - ein gutes Team für den Einsatz zwischen Himmel und Erde.
Notfall-Sanitäter Kaj Jende und Bergwacht-Luftretter Matthias Riffer - ein gutes Team für den Einsatz zwischen Himmel und Erde.  © Andreas Weihs

Bautzen - In der Geschichte der sächsischen Luftrettung wird am Standort von Christopher 62 in Bautzen ein neues Kapitel aufgeschlagen. Der ADAC hat seine Flotte umgestellt und die nächste Hubschrauber-Generation in den Dienst genommen. Das topmoderne Fluggerät verfügt nun auch über ein Windenrettungsgerät. Damit beginnt nach 15 Jahren auch für die ehrenamtlichen Luftretter der sächsischen Bergwacht ein neues "Zeitalter".

"Das ist ein Umstieg wie vom Trabi auf einen Mercedes", schwärmt Notfall-Sanitäter Kaj Jende (48). "Ein Quantensprung" sagt ADAC-Rettungshubschrauberpilot Christian Korb (36).

Die Augen der beiden Männer strahlen, wenn sie die Vorzüge des nagelneuen Hubschraubers vom Typ H145 aufzählen:

Der neue Hubschrauber hat mehr Leistung als sein Vorgänger. Er besitzt ein Glascockpit, das voll gestopft ist mit digitaler Hightech und Monitoren. Das Fluggerät verfügt über eine vollautomatische Treibwerkssteuerung und einen 4-Achsen-Autopiloten - Technik, die man von Passagiermaschinen kennt.

Der neue Christoph 62 bei der Bergung eines Verletzten mithilfe der Windenmaschine. Der Hubschrauber vom Typ H 145 ist leistungsstärker und leiser als sein Vorgänger.
Der neue Christoph 62 bei der Bergung eines Verletzten mithilfe der Windenmaschine. Der Hubschrauber vom Typ H 145 ist leistungsstärker und leiser als sein Vorgänger.  © ADAC / Ronald Bonss

Der Autopilot bringt einen enormen Gewinn an Flugsicherheit für die Retter, denn er entlastet den Piloten.

Dieser hat nun mehr Kapazitäten zum Überwachen des Luftraumes. Korb: "Das wird immer wichtiger, denn der Hubschrauber fliegt im unkontrollierten Luftraum in 500 Fuß Höhe."

Dort, etwa 150 Meter über der Erde, ziehen neben Vögeln, auch immer mehr Kleinflugzeuge und Drohnen ihre Bahn, zerschneiden Windräder die Atmosphäre.

Der H145 eröffnet der medizinischen Notfall-Versorgung in der Luft neue "Horizonte". Der Heli bietet seiner dreiköpfigen Crew (Notarzt, Rettungssanitäter, Pilot) mehr Platz in der Kabine zur Versorgung des Verletzten.

Ein beheizter Bord-Schrank ermöglicht es, Medikamente, Infusionen und medizinische Ausrüstung optimal zu lagern und zu transportieren.

Der Innenraum des neuen Hubschraubers ist beheizt und bietet mehr Platz zur Versorgung des Patienten.
Der Innenraum des neuen Hubschraubers ist beheizt und bietet mehr Platz zur Versorgung des Patienten.  © Andreas Weihs

Sogar intensiv-medizinische Transport-Flüge können die fliegenden Bautzner ADAC-Engel nun übernehmen.

"Mit diesem Hubschrauber ist es sogar möglich, Babys, die im Inkubator liegen müssen, von einer Klinik in eine andere zu überstellen", sagt Pilot Korb.

"Für die Bergrettung steht uns jetzt eine Windenmaschine bereit. Die alte Technik mit dem variablen Bergetau hat ausgedient“", erklärt Matthias Riffer (58), der Landesausbilder Luftrettung der Bergwacht Sachsen. Auch er ist voll des Lobes.

Riffer: "Notärzte können jetzt allein oder mit Luftretter am Seil am Unfallort abgesetzt werden. So erreichen wir bei komplizierten Verletzungen eine bessere Erstversorgung." Der neue Heli kann ohne Landen Patienten aufnehmen und ausfliegen. Das spart wichtige Zeit im Kampf um Leben oder Tod.

Anstrengende Wochen und Monate liegen hinter dem technischen und medizinischen Personal der Bautzner Luftrettungsstation und den 13 ehrenamtlichen Bergwacht-Luftrettern. Alle mussten intensiv pauken und mit der Technik trainieren: Die Piloten erwarben Qualifikationen, um diesen Typ Heli fliegen zu dürfen.

Die Notfall-Sanitäter besuchten Zusatzausbildungen, um die Piloten unterstützen und als Windenoperator agieren zu können. Die Notärzte und Bergwacht-Mitglieder übten an der Windenmaschine. Der ADAC scheute dabei keine Kosten, stellte fürs Training extra einen zweiten Hubschrauber bereit. Getreu seinem Motto: Gegen die Zeit und für das Leben.

In der Geschichte der sächsischen Luftrettung wird am Standort von Christopher 62 in Bautzen ein neues Kapitel aufgeschlagen. Der ADAC hat seine Flotte umgestellt und die nächste Hubschrauber-Generation in den Dienst genommen. Das topmoderne Fluggerät ver
In der Geschichte der sächsischen Luftrettung wird am Standort von Christopher 62 in Bautzen ein neues Kapitel aufgeschlagen. Der ADAC hat seine Flotte umgestellt und die nächste Hubschrauber-Generation in den Dienst genommen. Das topmoderne Fluggerät ver  © Andreas Weihs

Der 9-Millionen-Euro-Retter

Zahlen & Fakten zum neuen ADAC-Rettungshubschrauber:

Typ: Airbus Helicopters H145

Leistung: 2x850 PS

Konzept: Heckrotor (Fenestron), Einsatz rund um die Uhr ist möglich.

Reichweite: rund 700 km

Geschwindigkeit:bis 262 km/h

Glascockpit: Es verfügt über ein Avionik-System, das den Autopiloten beinhaltet. Satellitengestützte Navigation erlaubt es, ohne Sicht nach außen in den Wolken zu fliegen. Drei großformatige Displays zeigen alle wichtigen Triebwerks-, Fluglage- und Luftrauminformationen an.

Innenausstattung: Modular und flexibel - je nach Einsatzprofil. Drehbare und an mehreren Stellen positionierbare Sitze.

Extra: Windenmaschine für Bergrettung - als einziger Rettungshubschrauber in Ostdeutschland.

Preis: rund 9 Mio. Euro (Grundausstattung) plus 0,5 Mio. Euro für medizinische Ausrüstung.

© Marko Förster

Drei Goldene Verhaltensregeln beim Umgang mit dem Rettungshubschrauber:

1) In Bergnot geratene Menschen sollten sich in Yes-Stellung bemerkbar machen - Arme und Körper bilden ein Y!

2) Nur geschultes Personal weist den Hubschrauber ein und nähert sich der Maschine!

3) Keine losen Gegenstände in der Nähe des Landeplatzes liegen lassen!

Notfall-Sanitäter Kaj Jende arbeitet an der Winde. Er hat einen zehntätigen Lehrgang besucht, um im Cockpit den Piloten unterstützen zu dürfen.
Notfall-Sanitäter Kaj Jende arbeitet an der Winde. Er hat einen zehntätigen Lehrgang besucht, um im Cockpit den Piloten unterstützen zu dürfen.  © Andreas Weihs