Neu gegründete Firma produziert für Discounter Sachsenwein, aber nicht in Sachsen!

Meißen - Der Name klingt nach Heimat und Tradition - doch was die erst 2018 gegründete "Weinbaugesellschaft Meißen" vorhat, gleicht einer kleinen Revolution für das Weinanbaugebiet Sachsen.

Hans Albrecht Zieger (42), Chef der Winzervereinigung Freyburg-Unstrut, mischt als Investor den sächsischen Weinbau auf.
Hans Albrecht Zieger (42), Chef der Winzervereinigung Freyburg-Unstrut, mischt als Investor den sächsischen Weinbau auf.  © Norbert Neumann

Auf rund 40 Hektar Rebfläche entlang der Elbe wachsen Trauben, aus denen jetzt vorrangig Weine für Lidl produziert werden. Der erste Jahrgang, Goldriesling und Müller-Thurgau, soll im Juni in die Märkte kommen.

Brisant sind die Discounter-Pläne nicht nur wegen des zu erwartenden Preisdrucks. Gegründet wurde die "Weinbaugesellschaft Meißen" von Andreas Silbersack und Hans Albrecht Zieger, im Hauptberuf Aufsichtsratsvorsitzender und Geschäftsführer der Winzervereinigung Freyburg-Unstrut!

"Ich bin gebürtiger Meißner", erklärt Hans Abrecht Zieger (42). Acht der 40 Hektar gehören seinem Vater (früher Erzeuger für die Meißner Genossenschaft), mehr als 20 Hektar haben sie von Prinz zur Lippe (Schloss Proschwitz) gepachtet, weitere Flächen Schloss Wackerbarth abgekauft.

Kellerei in Sachsen für Lidl-Wein nicht in Planung

Die Lidl-Filiale auf der Dresdner Straße in Pirna: Ab Juni kommt der Meißner Discounter-Wein in die Flasche - und danach in die Läden.
Die Lidl-Filiale auf der Dresdner Straße in Pirna: Ab Juni kommt der Meißner Discounter-Wein in die Flasche - und danach in die Läden.  © Petra Hornig

Ursprünglich hatten Zieger und Silbersack sogar versucht, mit den Sachsen-Weinbergen als Mitglied in "ihre" Winzergenossenschaft einzutreten. Das lehnte die Genossenschaftsmitglieder von Saale und Unstrut aber ab.

Darum verlegte die "Weinbaugesellschaft" im April offiziell ihren Sitz nach Meißen, trat jetzt auch in den Sächsischen Weinbauverband ein - als viertgrößter Produzent im Anbaugebiet.

Verbands-Chef Michael Thomas begrüßt das: "Für uns ist es wichtig, alle Akteure im Verband zu vereinen." Aus der Meißner Firma wollen die beiden Saale-Winzer nun aussteigen, "um die Geschäfte sauber zu trennen", wie Hans Albrecht Zieger sagt.

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Neuer Geschäftsführer wird Reinhold Zieger - sein Vater. Eine Kellerei in Sachsen ist für den Lidl-Wein übrigens nicht geplant. Nach der Ernte werden sie Trauben für die Weinbereitung abtransportiert - zur Winzervereinigung Freyburg-Unstrut.

Imposanter Blick von den rechtselbischen Rebzeilen auf die Albrechtsburg. Die meisten Weinflächen hier gehören Prinz zur Lippe, er verpachtet an die neue "Weingesellschaft Meißen".
Imposanter Blick von den rechtselbischen Rebzeilen auf die Albrechtsburg. Die meisten Weinflächen hier gehören Prinz zur Lippe, er verpachtet an die neue "Weingesellschaft Meißen".  © imago images/Chromorange

So schmecken die Weine des Jahrhundertsommers

Sachsens Weinhoheiten Lisa Leinemann (27, v.l.), Ann-Katrin Schatzl (28) und Katrin Hecht (28) hatten zur Jungweinprobe sichtlich Spaß.
Sachsens Weinhoheiten Lisa Leinemann (27, v.l.), Ann-Katrin Schatzl (28) und Katrin Hecht (28) hatten zur Jungweinprobe sichtlich Spaß.  © Norbert Neumann

Coswig - Die ersten Tropfen aus dem Jahrhundertsommer 2018 stellten die Winzer aus Sachsen und Saale-Unstrut Freitag zur gemeinsamen Jungweinprobe in der Börse Coswig vor.

Knapp 200 Weine und Sekte standen zur Verkostung bereit. Das Ausnahme-Jahr spiegelt sich in ihnen deutlich wider.

"Von April 2018 bis heute war jeder Monat wärmer als das langjährige Mittel", sagt Sachsens Weinbauverbands-Chef Michael Thomas. Zudem sei es viel zu trocken gewesen. Folge: Im Schnitt haben die Weine des Jahrgangs 2018 viel reife Fruchtaromen, mehr Alkohol und deutlich weniger Säure - obwohl fast jeder Winzer eine Ausnahmegenehmigung zur nachträglichen Ansäuerung stellte. Das sei wichtig gewesen, um die Weine bei der Bereitung im Gleichgewicht zu halten, so Michael Thomas.

Gelungen ist das wohl nicht jedem. Bis zum 31. März wurde für 177 Sachsen-Weine eine amtliche Prüfnummer beantragt. 36 fielen durch - also fast jeder fünfte!

"Bitter", "dünn" und "eine untypische Alterungsnote" seien die häufigsten Geschmacksfehler gewesen, teilte die Landesuntersuchungsanstalt auf Nachfrage mit. Besonders für letzteres sei "Trockenstress eine wesentliche Ursache".

Schloss Wackerbarth ist 2018 zu Deutschlands bestem Sekterzeuger gekürt worden. Auch der Staatsbetrieb präsentierte gestern seine neuen Weine.
Schloss Wackerbarth ist 2018 zu Deutschlands bestem Sekterzeuger gekürt worden. Auch der Staatsbetrieb präsentierte gestern seine neuen Weine.  © Norbert Neumann

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