Dürfen Tiere eingeschläfert werden, wenn Geld fehlt? Das sagt der Ethik-Experte

München/Hannover - Kranke Hunde, Katzen oder andere Haustiere dürfen aus Sicht eines Tierethikers eingeschläfert werden, wenn der Besitzer das Geld für die Behandlung nur mit Mühe aufbringen kann.

Ist es ethisch vertretbar ein Tier einzuschläfern, wenn der Besitzer kein Geld für die Behandlung hat?
Ist es ethisch vertretbar ein Tier einzuschläfern, wenn der Besitzer kein Geld für die Behandlung hat?  © Inga Kjer/dpa-tmn

"Wenn es eine zu große Belastung für den Tierbesitzer ist, dann sagen wir: Jetzt lassen wir das Tier gehen", sagte der in Hannover lehrende Professor für Ethik in der Tiermedizin, Peter Kunzmann. "Das ist auch Bauchgefühl."

Oftmals nähmen Menschen aber viel auf sich, um die Behandlung ihrer Haustiere zu finanzieren. Wenn sich eine Familie für Tierarztkosten komplett verschulde oder die Chancen ihrer Kinder minimiere, sei jedoch eine Grenze überschritten.

"Kritisch wird es, wenn jemand etwa die Alterssicherung der Familie ausgibt, weil er sein Pferd gerettet sehen will."

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Doch was ist, wenn es keine Frage des Geldes ist? Wann darf man ein krankes Tier einschläfern? "Maßgabe sollte die Perspektive des Tieres sein", so Kunzmann, "Für das Tier muss es nicht nur ein erträgliches, sondern ein zuträgliches Leben sein."

"Ein Tier nur in einem Zustand zu halten, dass es lebt, hat keinen Sinn, auch wenn der Patientenbesitzer das will", erklärt der Ethiker.

Wenn das Leben eines Tieres nicht mehr zuträglich ist, wird sein Leben beendet. Bei Menschen ist Sterbehilfe allerdings noch immer ein großes Tabu. "Die Diskussion beim Menschen wird gesteuert durch die Prinzipien von Autonomie und Würde. Das ist etwas, was wir in Deutschland aus historischen Gründen enorm stark gewichten: Die Unantastbarkeit der fremden Person", erläutert Kunzmann.

Umgekehrt ist es für uns moralisch vertretbar, wenn wir Tiere in ihrem eigenen (oder unserem) Interesse töten. "Auch in unserem Recht machen wir einen ganz großen Unterschied. Menschen sortieren Tiere nach ihren Interessen, nach menschlichen Interessen", sagt der Experte.

Kunzmann (53) ist Philosoph und Theologe, er ist Inhaber der bundesweit einzigen Professur für Ethik in der Tiermedizin an der Tierärztlichen Hochschule Hannover.

Dort beschäftigen sich die Studenten unter anderem mit der Frage, wie Menschen um ihre geliebten Tiere trauern und inwieweit Haustiere heute für viele Menschen vollwertige Familienmitglieder oder sogar Kind-Ersatz sind.

Der bundesweit einzige Professor für Ethik in der Tiermedizin, Peter Kunzmann (53), bei einem Fototermin.
Der bundesweit einzige Professor für Ethik in der Tiermedizin, Peter Kunzmann (53), bei einem Fototermin.  © Franz Grünewald/TIHO/dpa

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