10.000 Kilometer für die Pflege: Baerbock und Heil machen Werbung für Deutschland

Brasilia - Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (50, SPD) und Außenministerin Annalena Baerbock (42, Grüne) sehen gute Chancen, die Anwerbung qualifizierter Pflegekräfte aus Brasilien weiter anzukurbeln.

Annalena Baerbock (42, Grüne) und Hubertus Heil (50, SPD) nehmen den Flieger nach Brasilien.
Annalena Baerbock (42, Grüne) und Hubertus Heil (50, SPD) nehmen den Flieger nach Brasilien.  © DPA/Annette Riedl

"Brasilianische Pflegekräfte und kolumbianische Elektriker finden in Deutschland bereits offene Arme. Diese Partnerschaft wollen wir ausbauen", sagte Baerbock über den am heutigen Montag beginnenden gemeinsamen Besuch in der brasilianischen Hauptstadt Brasilia.

Heil erklärte, man wolle "in Brasilien für Deutschland als attraktiven Standort mit guten Arbeits- und Lebensbedingungen werben".

Baerbock und Heil waren am späten Sonntagabend (Ortszeit) nach einem mehr als elfstündigen und knapp 10.000 Kilometer langen Flug in dem mit etwa 215 Millionen Menschen einwohnerstärksten Land Lateinamerikas eingetroffen.

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Brasilien ist das einzige Land in der Region, mit dem Deutschland seit 2008 durch eine strategische Partnerschaft verbunden ist.

Es ist zudem wichtigster Handelspartner Deutschlands in Südamerika.

Besonders in qualifizierten Pflegeberufen sei der Bedarf an Fachkräften in Deutschland groß, während es in Brasilien einen Überhang an gut ausgebildeten Pflegekräften gebe, sagte Heil vor der Abreise.

"Daraus können wir eine klassische Win-win-win-Situation schaffen, bei der alle profitieren." Deutschland bekomme qualifizierte Fachkräfte.

Auch Brasilien könnte profitieren

In der Bundesrepublik arbeiten derzeit bis zu 200 brasilianische Pflegekräfte. (Symbolbild)
In der Bundesrepublik arbeiten derzeit bis zu 200 brasilianische Pflegekräfte. (Symbolbild)  © dpa/Philipp von Ditfurth

Brasilien profitiere, "etwa indem wir uns in der Ausbildung vor Ort engagieren". Die Arbeitslosenquote bei Pflegerinnen und Pflegern liege in Basilien bei zehn Prozent.

Der Arbeitsminister wollte am heutigen Montag bei einem Termin in einer Ausbildungsstätte für Pflegeberufe der Katholischen Universität Brasilia (UCB), einem Treffen mit seinem brasilianischen Kollegen Luis Marinho (64) und einem Besuch bei der brasilianischen Pflegekammer Cofen über den Ausbau der Anwerbung von Pflegekräften sprechen.

Nach Angaben Heils arbeiten derzeit bereits bis zu 200 brasilianische Pflegekräfte in Deutschland.

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Die UCB ist die zweitgrößte Hochschule in der Hauptstadt. In einem vierjährigen Studiengang werden Pflegekräfte mit Bachelor-Abschluss ausgebildet.

Mit Marinho war die Unterzeichnung einer gemeinsamen Erklärung zu Arbeitnehmerrechten, zur sozialen Verantwortung von Unternehmen und zu Lieferketten geplant.

Gute Aussichten für brasilianische Fachkräfte

Der Bundesminister für Arbeit und Soziales und die Außenministerin sitzen rund elf Stunden zusammen im Flugzeug.
Der Bundesminister für Arbeit und Soziales und die Außenministerin sitzen rund elf Stunden zusammen im Flugzeug.  © dpa/Jörg Blank

Die Bundesagentur für Arbeit (BA) hat mit der Pflegekammer Cofen im Juni 2022 eine Absprache zur Vermittlung von Pflegefachkräften unterzeichnet.

In dem Abkommen stehen Regeln zur Bewerberauswahl, zum Vermittlungsprozess, zum Spracherwerb und zur Anerkennung beruflicher Qualifikationen.

Für Gesundheitsberufe bestehen bei der Anerkennung in Deutschland nach Angaben der Bundesregierung gute Aussichten. In der Regel seien aber Anpassungsqualifizierungen nötig.

Für eine vollständige Anerkennung dauerten derartige Maßnahmen oft drei bis acht Monate.

Die BA rekrutiert seit 2018 brasilianische Fachkräfte für den deutschen Arbeitsmarkt. Derzeit betreut sie nach eigenen Angaben 374 Bewerber aus Pflegeberufen, 43 aus technischen und Handwerksberufen sowie 42 aus Ingenieur- und IT-Berufen.

Laut Heil hält die BA die Anwerbung von bis zu 700 Pflegekräften pro Jahr für möglich.

Baerbock hat noch andere Ziele im Blick

Die Minister treffen im einwohnerstärksten Land Lateinamerikas ein.
Die Minister treffen im einwohnerstärksten Land Lateinamerikas ein.  © DPA/Annette Riedl

Für Baerbock dürften bei ihren Gesprächen das Verhältnis der Gastgeber zum russischen Präsidenten Wladimir Putin im Angriffskrieg auf die Ukraine sowie die Themen Klima und Umwelt im Mittelpunkt stehen.

Die Regierung unter Luiz "Lula" da Silva (77) wolle "Brasiliens starke Stimme bei der Lösung der drängendsten globalen Herausforderungen einbringen", sagte sie.

"Dabei verbindet uns der feste Glaube, dass es Wohlstand nur geben kann, wenn Freiheit und Frieden herrschen - auch wenn wir, wie zuletzt beim russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine, unterschiedliche Blickwinkel haben."

Lula hat sich angesichts der russischen Aggression bisher nicht klar an die Seite der Ukraine gestellt.

Er macht sich für eine internationale Vermittlung durch einen "Friedensclub" stark, zu dem neben Brasilien auch Indien, Indonesien und China gehören sollen.

Bei einem China-Besuch im April hatte Lula mit Kritik an der Militärhilfe der Nato und anderer Länder für die Ukraine für erhebliche Irritationen in den USA und Europa gesorgt.

Titelfoto: Fotomontage: dpa/Jörg Blank//dpa/Annette Riedl

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