Explodieren jetzt die Preise? Was die Alarmstufe des Notfallplans Gas für uns bedeutet

Berlin - Bereits im März des Jahres hatte die Bundesregierung die Frühwarnstufe des Notfallplans Gas aktiviert - nun folgt der nächste Schritt: die Alarmstufe. Denn noch ist die Versorgungssicherheit zwar gewährleistet, doch Russland hat seine Gaslieferungen noch weiter abgesenkt. Es muss Gas gespart werden, um sicher durch Herbst und Winter zu kommen.

Die nun durch die Bundesregierung ausgerufene Alarmstufe ist ein sehr deutliches Signal an Industrie und private Verbraucher.
Die nun durch die Bundesregierung ausgerufene Alarmstufe ist ein sehr deutliches Signal an Industrie und private Verbraucher.  © Christian Modla/dpa-Zentralbild/dpa

Was ist der Notfallplan Gas?

Der Notfallplan Gas hat drei Eskalationsstufen und eröffnet der Regierung dabei unterschiedlich große Spielräume. Die erste Stufe ist die Frühwarnstufe, dann folgen Alarmstufe und letztlich Notfallstufe.

Die Frühwarnstufe hatte die Bundesregierung Ende März erstmals ausgerufen, sie ermöglicht eine genaue Beobachtung des Gasmarkts unter Leitung des zuständigen Wirtschaftsministeriums.

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Ein Krisenteam aus Behörden, Energieversorgern, Fernleitungsnetzbetreibern und Vertretern der Bundesländer tritt regelmäßig zusammen und berät die Regierung. Gasversorger und Netzbetreiber liefern regelmäßige Lageeinschätzungen.

Aktiv greift der Staat nicht in den Gasmarkt ein, die Akteure müssen selbständig mehr Gas beschaffen, um die Gasspeicher bestmöglich zu füllen.

Was bedeutet die Alarmstufe?

Die Alarmstufe ist ein deutliches Signal an Industrie und private Verbraucher: Der Gasverbrauch muss sinken, um einen möglichen Mangel im Herbst und Winter zu verhindern. Die Maßnahmen der Frühwarnstufe werden in der entsprechenden Alarmstufe weiter intensiviert - das Krisenteam ist laut Wirtschaftsministerium "in ständigem Austausch" mit allen Akteuren.

Aktive Markteingriffe sind auch in der Alarmstufe noch nicht vorgesehen, es gibt keine von der Bundesnetzagentur verordneten Abschaltungen der Gasversorgung. Solche Eingriffe sind erst in der dritten und letzten sogenannten Notfallstufe möglich.

Die Bundesregierung kann unterstützend tätig werden - beispielsweise indem sie Gasversorgern mit Krediten aushilft oder entsprechende Maßnahmen aus dem Energiesicherungsgesetz ergreift, um die Lage unter Kontrolle zu halten.

Warum kommt die Alarmstufe jetzt?

Russland hatte seine Gaslieferungen durch die Ostsee-Pipeline Nord Stream 1 zuletzt um rund 60 Prozent verringert. Das inzwischen in Gesetzesform festgeschriebene Ziel der Bundesregierung, die Gasspeicher bis zum November zu 90 Prozent gefüllt zu haben, ist somit nur noch durch Zusatzmaßnahmen erreichbar. Aktuell sind die Speicher zu rund 58 Prozent gefüllt.

Somit droht laut Bundesregierung "eine erhebliche Verschlechterung der Gasversorgungslage" - die Ausrufung der Alarmstufe sei "erforderlich", sagt Wirtschaftsminister Robert Habeck (52, Grüne) mit Blick auf die Zukunft.

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Wirtschaftsminister Robert Habeck (52, Grüne) steht unter Druck.
Wirtschaftsminister Robert Habeck (52, Grüne) steht unter Druck.  © Michael Kappeler/dpa

Welche weiterführenden Maßnahmen ergreift die Bundesregierung außerdem?

Neben dem Notfallplan Gas hat die Bundesregierung weitere Maßnahmen ergriffen, um die Versorgungslage zu verbessern.

Dazu gehört neben dem Gasspeichergesetz, das bestimmte Füllstände für die Gasspeicher vorschreibt, der Beschaffung von Gas über entsprechende Unternehmen und der Sicherung der Liquidität von Energieversorgern auch der Ausbau der LNG-Infrastruktur und neue Lieferverträge mit verschiedenen Staaten.

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In der parlamentarischen Abstimmung befindet sich zudem aktuell ein Gesetz, das die erneute Inbetriebnahme von Kohlekraftwerken ermöglicht. So soll im Stromsektor Gas eingespart werden.

Geplant ist zudem ein Auktionsmodell, bei dem Unternehmen nicht benötigtes Gas verkaufen können - so soll in der Industrie ein Anreiz zum Gassparen geschaffen werden.

Dem für die Gasspeicherung zuständigen Marktgebietsverantwortlichen Trading Hub Europe (THE) stellt die Regierung zudem einen Kredit von 15 Milliarden Euro zur Verfügung - damit soll Gas für den Winter eingekauft werden.

Ist die Versorgung von Verbrauchern gesichert?

Die Versorgung von privaten Verbraucherinnen und Verbrauchern ist weiterhin gesichert.

Zu rechnen ist allerdings mit weiteren Preissteigerungen: Viele Energieversorger, die nun kein russisches Gas mehr beziehen können, müssen an den Spotmärkten zu aktuell sehr hohen Preisen Gas einkaufen, um ihre Kunden beliefern zu können.

Diese Kosten werden in absehbarer Zukunft an die Kunden weitergegeben.

Noch nicht in Kraft gesetzt ist der Paragraf 24 des Energiesicherungsgesetzes - laut Minister Habeck "ein sehr scharfes Schwert". Dieser ermöglicht es Energieunternehmen, die Preissteigerungen direkt und ohne Zeitverzögerung an ihre Kunden weiterzugeben. Ziel dieser Maßnahme wäre die Verhinderung eines Kollapses der jeweiligen Energieversorger.

Dass diese Maßnahme in Zukunft ergriffen wird, sei jedoch "nicht ausgeschlossen", warnt das Wirtschaftsministerium.

Titelfoto: Christian Modla/dpa-Zentralbild/dpa

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